NGOs protestieren gegen UNAIDS-Beteiligung an Moskauer HIV-Konferenz
Rund 20 Menschenrechts-, HIV- und Drogenhilfe-Organisationen haben scharfe Kritik an der russischen HIV-Prävention geäußert und wollen eine für Mai geplante HIV-Konferenz in Moskau boykottieren.
Die am 12. und 13. Mai in Moskau stattfindende vierte Konferenz zu HIV/Aids in Osteuropa und Zentralasien wird von UNAIDS mitorganisiert und -finanziert. Dadurch stimme das Aidsprogramm der Vereinten Nationen im Prinzip der „mörderischen“ russischen HIV-Politik zu. So lautet der Vorwurf der rund 20 Organisationen, darunter die International HIV/AIDS Alliance und das Internationale Netzwerk von Drogengebrauchern (INPUD), in einem offenen Brief an UNAIDS-Direktor Michel Sidibé. Sie kündigen darin an, die Konferenz zu boykottieren.
Russland setze auf Repression und Kriminalisierung und schaffe eine Atmosphäre der Intoleranz und Diskrmininierung gegen die hauptsächlich von HIV betroffenen Gruppen. Mit dieser Politik gegenüber Drogengebrauchern, schwulen Männern, Sexarbeiterinnen und Migranten sei Russland eines der wenigen Länder weltweit, in denen die HIV-Epidemie weiterhin rasant wächst. Allein im letzten Jahr seien rund 78.000 neue HIV-Infektionen registriert worden, und HIV sei die Haupttodesursache in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen.
Das Schreiben geht insbesondere auf die Situation der Drogengebraucher ein, die den größten Anteil der HIV-Infizierten in Russland ausmachen. Der Staat stelle keinen einzigen Rubel für eine wirksame HIV-Prävention für diese Gruppe bereit, sondern habe sich dem „Krieg gegen Drogen“ verschrieben und blocke jede Diskussion über Substitutionsprogramme ab.
Die Unterzeichner befürchten, dass Russland nicht nur das Leben seiner eigenen Bürger aufs Spiel setzt, sondern versucht, seine HIV-Politik auch auf andere Regionen in Osteuropa und Zentralasien auszuweiten. Ein Beispiel dafür sei die aktuelle humanitäre Krise auf der Krim, wo 800 Substituierten nun der Zugang zu Methadon und notwendigen Medikamenten verwehrt wird. Vor diesem Hintergrund sei es besonders fragwürdig, dass der Direktor der russischen Drogenkontrollbehörde auf der Eröffnung der Konferenz sprechen soll. Dieser hatte als erste Maßnahme auf der Krim die Abschaffung der Methadon-Behandlung angekündigt.
DAH-Geschäftsführerin Silke Klumb schließt sich auch einem weiteren entscheidenden Kritikpunkt der Unterzeichner an: Aktivisten der Drogen-Selbsthilfe aus anderen Ländern können an der Konferenz nicht teilnehmen, weil sie substituiert werden und daher mit Strafverfolgung rechnen müssten. Das gleiche gilt für Vertreter von LGBT-Organisationen, auf die das Verbot „homosexueller Propaganda“ angewandt werden könne.
Auch AIDS Action Europe wird der Konferenz fernbleiben. Eine Teilnahme an der Veranstaltung würde bedeuten, die Missachtung internationaler Verträge durch die Russische Föderation und deren verheerende Folgen für die Gesundheit der Menschen zu unterstützen, heißt es auf der Website des Netzwerks.
(ascho)
Quelle/weitere Informationen
Offener Brief an Michel Sidibé (PDF-Datei, in englischer Sprache)
Link zur Website der Konferenz (in englischer Sprache)
HIV-Netzwerke fordern klare Worte von Michel Sidibé (Meldung auf aidshilfe.de, 4.3.2014)