HIV-Netzwerke fordern klare Worte von Michel Sidibé (UNAIDS)

Internationale Netzwerke zu HIV/Aids, Harm Reduction und Sexarbeit appellieren an UNAIDS-Direktor Michel Sidibé, sich deutlich gegen die russische HIV- und Aids-Politik auszusprechen.

In einem offenen Brief an Sidibé äußern sie Bedenken, dass Sidibés Beteiligung an der Ausrichtung der vierten Konferenz zu HIV und Aids in Osteuropa und Zentralasien (EECAAC), die vom 12. bis zum 13. Mai 2013 in Moskau stattfinden wird, als Befürwortung der russischen Politik verstanden werden könnte. Die EECAAC stehe unter dem besonderen Einfluss der Regierung der Russischen Föderation. Da UNAIDS die Veranstaltung finanziell wie auch als Mitorganisatorin unterstütze, müsse Sidbé in seinen Reden wie auch in Gesprächen mit Medienvertretern und Regierungsbeamten deutlich machen, dass UNAIDS nur solche Maßnahmen unterstütze, die gegen Diskriminierung vorgehen, für Menschenrechte einstehen und mit den Grundlagen der HIV-Prävention und -Behandlung in Einklang stehen.

„Russlands Politik verletzt die Menschrechte und schürt die HIV-Epidemie im eigenen Land“, heißt es in dem Brief. So gefährde das Gesetz gegen „homosexuelle Propaganda“ die Bemühungen der HIV-Prävention, indem es z. B. Safer-Sex-Materialien für Männer, die Sex mit Männern haben, als „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“ deklariere. Ebenso würden die Rechte und Bedarfe von injizierenden Drogengebrauchern missachtet. Laut der russischen Behörde für Gesundheit und Konsumentenrechte seien 57,9 % der neu registrierten HIV-Fälle auf das Teilen von nicht sterilem Spritzzubehör zurückzuführen. Die russische Regierung weigere sich aber, Harm-Reduction-Maßnahmen zuzulassen, zudem sei die Substitutionstherapie in Russland nicht erlaubt.

Die Initiatoren des Schreibens appellieren des Weiteren an Sidibé, sich auf der Konferenz für die Rechte und Bedarfe von Sexarbeitern einzusetzen, und fordern, den Vertretern aus den am stärksten bedrohten und betroffenen Gruppen eine sinnvolle Beteiligung zu ermöglichen. Angesichts des russischen Umgangs mit den Menschenrechten und insbesondere mit den Rechten der am stärksten betroffenen Gruppen sei man allerdings besorgt. UNAIDS solle von den Organisatoren einfordern, ihre Sicherheit auf der Konferenz zu gewährleisten, zudem solle Sidibé die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Bekämpfung der Epidemie herausstellen.

In Russland steige die Zahl der HIV-Infektionen besonders schnell, heißt es in dem Schreiben weiter. Zugleich sei der Zugang zu einer Behandlung nicht umfassend gewährleistet. Laut Schätzungen des Russian Federal AIDS Centers benötigten mindestens 300.000 Menschen eine HIV-Therapie, nur rund 145.000 seien aber tatsächlich in Behandlung. Russland habe sein auf internationaler Bühne gegebenes Versprechen gebrochen, sich für die HIV-Prävention einzusetzen, so die Initiatoren des Schreibens. Für das russische „Modell“, nicht in zielgruppenspezifische HIV-Präventionsprogramme zu investieren, dürfe daher nicht noch Werbung gemacht werden.

(Christina Laußmann)