PrEP: Die „Pille davor“ gegen HIV wird eines der Themen 2012

Ist die vorsorgliche Einnahme von HIV-Medikamenten eine wirksame und sinnvolle Präventionsmethode? Zugelassen sind die Medikamente dafür bislang nicht, und auch ethische und andere Fragen sind offen.

Ende 2011 erklärte das amerikanische Wissenschaftsmagazin „Science“ das Prinzip „HIV-Therapie als Prävention“ zum „wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2011“. Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass die Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV durch eine gut funktionierende Therapie mit HIV-Medikamenten um 96 Prozent reduziert wird – in etwa genauso effektiv wie durch Kondome (aidshilfe.de berichtete).

Ob dies auch für vorsorglich eingenommene HIV-Medikamente gilt (Prä-Expositions-Prophylaxe, PrEP), wurde und wird derzeit in mehreren Studien untersucht. Berichtet wird darüber auch in der Wochenzeitung „Die ZEIT“ vom 5. Januar 2012, hier am Beispiel schwuler Männer. „Die PrEP wird eines der Themen für das vor uns liegende Jahr“, sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH). „Wir rechnen mit Ergebnissen weiterer Studien, und außerdem wird der Nationale AIDS-Beirat demnächst ein Votum zu diesem Thema veröffentlichen.“

Schafberger verweist allerdings darauf, dass die Wirksamkeit der PrEP bisher nicht unter Alltagsbedingungen untersucht worden ist: „Selbst in den Studien wurden die Tabletten nur unzureichend eingenommen – trotz monatlicher Beratungen und Kontrollen. Im normalen Alltag ist es kaum praktikabel, einem gesunden Menschen über Monate oder Jahre hinweg Medikamente zu geben.“

Außerdem stellten sich ethische Fragen: „Millionen HIV-Infizierte in ärmeren Ländern haben immer noch keinen Zugang zu lebensrettenden HIV-Medikamenten. Können wir dann langfristig Medikamente an Gesunde verteilen, wenn noch nicht einmal die Wirkung ausreichend erforscht ist?“ Laut Schafbergers Berechnungen müsste man bei einer PrEP-Schutzwirkung von 40 % – so das durchschnittliche Ergebnis in der bisher größten Studie – rund 360 in Großstädten lebende schwule Männer ein Jahr lang behandeln, um eine HIV-Infektion zu verhindern. Die reinen Medikamentenkosten dafür beliefen sich auf etwa 3,6 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2011 kostete die HIV-Ersttherapie in armen Ländern rund 160 Dollar (etwa 125 Euro) pro Jahr. Mit 3,6 Millionen Euro könnte man also rund 28.800 Menschen ein Jahr lang mit lebensrettenden Medikamenten behandeln.

Interessanter ist für Schafberger die Frage, ob und wie gut die „bedarfsorientierte Einnahme“ von HIV-Medikamenten (zum Beispiel am Wochenende) vor einer Ansteckung schützt. Hier gebe es bisher lediglich Hinweise aus Studien mit Affen, Ergebnisse aus den geplanten Studien mit Menschen seien erst in einigen Jahren zu erwarten. In der Pipeline sei außerdem noch eine PrEP-Monatsspritze, bei der die Therapietreue höher sein dürfte.

(hs)

Weitere Informationen

Ausführliche Informationen zur PrEP bietet der HIVreport 05/2011 der Deutschen AIDS-Hilfe

Meldung auf aidshilfe.de vom 29.09.2011: Medikamente in der Prävention

Meldung auf aidshilfe.de vom 14.02.2011: US-Behörde empfiehlt PREP nur für MSM mit hohem Risiko

Meldung auf aidshilfe.de vom 10.12.2010: „Bleiben wir skeptisch, aber gespannt“