HIV-Medikament für Gesunde? US-Experten empfehlen Truvada-Zulassung für die „PrEP“
Eine Beraterkommission der US-Arzneimittelaufsichtsbehörde FDA stimmte am 10. Mai dafür, das HIV-Medikament Truvada auch für die vorbeugende Behandlung Nichtinfizierter mit hohem HIV-Risiko freizugeben.
Die endgültige Entscheidung wird am 15. Juni fallen. In der Regel folgt die US-Behörde den Empfehlungen des Expertenausschusses. Truvada ist seit 2004 für die Behandlung von Menschen mit HIV zugelassen.
Grundlage für die Beratungen waren drei klinische Studien zur vorsorglichen Einnahme des Medikaments (Prä-Expositions-Prophylaxe, kurz: PrEP) bei Paaren mit einem HIV-positiven und einem HIV-negativen Partner: Eine ausschließlich mit schwulen Paaren durchgeführte Studie hatte einen Schutzeffekt von 44 % ergeben, in zwei Studien mit heterosexuellen Paaren in Kenia und Botswana lag das HIV-Risiko bei den Behandelten um zwei Drittel niedriger als bei den Nichtbehandelten.
Dennoch dürfe man nach den bisherigen Ergebnissen keine Wunder erwarten, sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Eine Pille, die über lange Zeit von Gesunden eingenommen werden muss, um einen Teilschutz zu bieten, ist für die meisten kaum attraktiv. Und aus den vorliegenden Studien wissen wir, dass das Hauptproblem der PrEP die Therapietreue ist – trotz monatlicher Beratungen und Kontrollen. Im normalen Alltag erscheint das kaum praktikabel.“
Außerdem stellten sich ethische Fragen: „Millionen HIV-Infizierte in ärmeren Ländern haben immer noch keinen Zugang zu lebensrettenden HIV-Medikamenten. Können wir dann langfristig Medikamente an Gesunde verteilen – wo wir doch genau wissen, dass erfolgreich behandelte Menschen mit HIV das Virus praktisch nicht mehr übertragen können, also nicht mehr ansteckend sind?“
Sinnvoller wäre es laut Schafberger gewesen, auf die Ergebnisse der nun „offen“ weitergeführten Studien zu warten: „Ab jetzt erhalten alle Studienteilnehmer Truvada, der Placebo-Studienarm, dessen Teilnehmer nur ein Scheinmedikament bekommen haben, ist gestoppt. So erfahren wir auch, ob sich das Sexualverhalten ändert – und wenn ja, welche Auswirkungen das auf den Schutzeffekt hat.“
(ch/hs)
Quellen/weitere Informationen
Meldung auf tagesschau.de vom 11.05.2012
Meldung der Nachrichtenagentur AFP
Beitrag von Lindsey Tanner (AP) im Ledger Enquirer (in englischer Sprache)
„Sicherheit vor Profiten“: Beitrag auf aidshilfe.de vom 24.02.2012
„PrEP: Die Pille davor gegen HIV wird eines der Themen 2012“ – Beitrag auf aidshilfe.de vom 06.01.2012