Frankreich: Gegner der Homoehe prophezeien Gewalt

Vor der auf den 17. April vorgezogenen zweiten Lesung des französischen Gesetzes zur Ehe für alle verschärfen die Gegner ihre Rhetorik.

Nachdem der französische Senat vergangene Woche mit deutlicher Mehrheit den Gesetzentwurf zur Ehe-Öffnung für Lesben und Schwule angenommen hat (aidshilfe.de berichtete), ist die zweite Lesung im Abgeordnetenhaus von Ende Mai auf den 17. April vorgezogen worden. Die Zustimmung gilt als sicher, da der Entwurf dort schon in der ersten Lesung eine klare Mehrheit von 329 zu 229 Abgeordneten bekommen hatte.

Ungeachtet dessen geben sich die Gegner der Gleichstellung nicht geschlagen, sondern verschärfen ihre Rhetorik. „Hollande will Blut, und er wird es bekommen“, prophezeite Frigide Barjot (bürgerlich Virginie Tellenne). Die Künstlerin, die sich nach einer Lourdes-Wallfahrt im Jahr 2004 auch als „Pressesprecherin Jesu“ bezeichnet, ist eine der sieben Sprecherinnen von „La Manif pour tous“, einer der maßgeblichen Organisationen gegen die Homoehe.

Barjot sieht mit der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzespakets, das gleichgeschlechtlichen Paaren auch die Adoption ermöglicht, das Ende der Demokratie in Frankreich gekommen. „Wir leben in einer Diktatur. Der Präsident der Republik hat uns guillotiniert“, wetterte sie – ungeachtet dessen, dass der demokratisch gewählte Hollande nicht anderes tut, als eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen umzusetzen. Umfragen zufolge steht die Mehrheit der französischen Bevölkerung hinter dem Reformvorhaben.

Auch Politiker der konservaten UMP, der Partei des ehemaligen französischen Präsident Nicolas Sarkozy, schlagen immer aggressivere Töne an und sprechen von einem Staatsstreich und vom Bürgerkrieg. Tatsächlich kam es bei den jüngsten Demonstrationen der Gleichstellungsgegner erneut zu gewalttätigen Ausschreitungen und sogar einem versuchten Sturm auf das Senatsgebäude.

Gleichzeitig verzeichnen homosexuelle Organisationen im Land eine deutliche Zunahme homophober Übergriffe: In den ersten beiden Monaten des Jahres 2013 seien bereits so viele Attacken wie sonst in einem halben Jahr gemeldet worden, erklärte Elizabeth Ronzier, Vorsitzende der Anti-Homophobie-Organisation „SOS Homophobie“, gegenüber dem US-Magazin „The Raw Story“. Gestiegen sei die Zahl der Überfälle seit Beginn der Debatte um die „Homo-Ehe“ im August 2012. Nach einem äußerst brutalen Überfall auf ein schwules Paar in Paris in der vergangenen Woche hatten rund 5000 Menschen in der Hauptstadt friedlich gegen Homophobie und die Gewaltrhetorik der Homoehe-Gegner demonstriert.

Neben „La Manif pour tous“ haben unter anderem auch die katholischen Bischöfe sowie jüdische, evangelische und muslimische Vertreter zum Widerstand gegen die Zulassung der gleichgeschlechtlichen Ehe und des Rechts auf Adoption aufgerufen.

Der sozialistische Fraktionschef in der Nationalversammlung, Bruno Le Roux, warf den Gegnern des Gesetzes vor, in den vergangenen Wochen „Einschüchterung und Gewalt“ als Mittel des Protestes angewendet zu haben, und rief zur Mäßigung auf. Zugleich wies er Vorwürfe der Opposition zurück, das Gesetzesvorhaben werde im Schnellverfahren durchgezogen. Die Diskussion über das Gesetzesvorhaben wird in Frankreich seit nunmehr einem halben Jahr intensiv geführt. Die Debatten in den beiden Kammern des Parlaments dauerten zusammen mehr als 100 Stunden.

La Manif pour tous hat unterdessen weitere Demonstrationen gegen das Vorhaben vor der Nationalversammlung angekündigt. „Wir werden nicht lockerlassen, niemals“, heißt es sinngemäß auf der Website der Organisation.

(sho/hs)

 

Quellen/weitere Informationen

John M. Becker: As France Prepares for Marriage Equality, Opponents Warn of Civil Strife (Huffington Post, 14.4.2013)

Barjot promet le sang, Boutin la guerre civile: les masques sont tombés (Le Plus, akt. 13.4.2013)

Frigide Barjot menace: „Hollande veut du sang, il en aura!“ (Le Lab E1, 12.4.2013)

Franzöischer Senat sagt Ja zur Homo-Ehe (aidshilfe.de, 10.4.2013)

Oui, oui (taz.de, 12.2.2013)

Link zu einem YouTube-Video von der Anti-Homophobie-Demonstration in Paris am 10. April 2013