Obdach und Hilfe für LGBT-Flüchtlinge in Nürnberg und Berlin
Voraussichtlich ab kommender Woche werden die deutschlandweit ersten Flüchtlingsunterkünfte speziell für Lesben, Schwule und Trans*-Menschen eröffnet.
In das derzeit leer stehende Gebäude im Nürnberger Stadtteil Gostenhof, das allerdings nur bis Sommer zwischengenutzt werden kann, sollen dann acht bis zehn Asylbewerber_innen einziehen können. Träger der Einrichtung ist die Stadt Nürnberg.
Auf den Weg gebracht hat das Projekt Fliederlich e.V., der Trägerverein des SchwuLesbischen Zentrums Nürnberg und Betreiber des neu geschaffenen Heims. Die Bewohner_innen sollen sich dort in einer Gemeinschaftsküche selbst versorgen, ein fester Helferkreis will die Flüchtlinge betreuen und im Alltag unterstützen.
Immer wieder hatten sich LGBT-Flüchtlinge Hilfe suchend an den Verein gewandt, weil sie in den Heimen, in denen sie bisher untergebracht waren, homo- und transphoben Übergriffen ausgesetzt waren. So soll eine lesbische Äthiopierin von Landsleuten geschlagen worden sein, und ein schwuler Iraker sei im Nürnberger Umland auf Schläger getroffen, die ihn bereits in der Heimat misshandelt hätten.
„Die Menschen stehen unter Dauerbeschuss“, schildert der Fliederlich-Vorsitzende Ralph Hoffmann die Situation von LGBT in den Flüchtlingsheimen. „Für viele Flüchtlinge, besonders aus muslimischen Ländern, ist schon die Präsenz einer schwulen oder lesbischen Person in der Unterkunft ein Affront.“ Vereinsgeschäftsführer Michael Glas schätzt, dass rund 600 der 8.000 in der fränkischen Metropole untergebrachten Asylbewerber lesbisch, schwul oder trans* sind. Die Entscheidung darüber, wer in die Unterkunft einziehen darf, fällt das Nürnberger Sozialamt.
Diskriminierungsfälle – von Mobbing bis hin zu lebensgefährlichen Übergriffen – wurden in den vergangenen Monaten aus zahlreichen Städten gemeldet. Beteiligt sind oft auch das Heimpersonal und Dolmetscher_innen. So hatten sich im vergangenen Jahr fast 100 homosexuelle und Trans*-Flüchtlinge in Berlin Hilfe suchend an den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Berlin-Brandenburg gewandt, die in ihren Unterkünften Opfer von Gewalt geworden waren. In den meisten Fällen wurde die Tat aus Angst vor Repression nicht bei der Polizei angezeigt.
Rund 120 der derzeit auf 3.500 geschätzten LGBT-Flüchtlinge in Berlin werden ebenfalls bald Schutz in einem eigens dazu eingerichteten Heim finden. Die Schwulenberatung Berlin hatte monatelang nach einem passenden Gebäude gesucht und wurde schließlich im Bezirk Treptow fündig. Auch hier laufen die Umbaumaßnahmen auf Hochtouren. Die neuen Bewohner_innen werden, früher als gedacht, vielleicht schon ab Mitte Februar einziehen können.
(ascho)
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