Prävention auf dem Regenbogen

Am 1. Juni 1995 wurde die AIDS-Hilfe Kreis Kleve gegründet. Heute betreut ein fester Kreis von zehn ehrenamtlich Engagierten gut 50 Menschen mit HIV und betreibt Aufklärungsarbeit an Schulen.

Bis 1995 gab es in Kleve, Kreisstadt des flächenmäßig größten Kreises in Nordrhein-Westfalen, nur eine Schwulengruppe. Hierhin kam eines Tages ein Mann HIV-positiver Mann, der zu den nächstgelegenen Aidshilfen in Krefeld oder Duisburg jeweils mehr als 70 Kilometer hätte fahren müssen. Nachdem die Idee, in Kleve eine Krefelder oder Duisburger Zweigstelle aufzumachen, gescheitert war, fanden sich schließlich zehn Menschen zusammen, die die Sache selbst in die Hand nahmen und eine eigene Aidshilfe gründeten.

Ihren heutigen Standort im Café Hope mit der wundersamen Anschrift „Regenbogen 14“ teilt sich die AIDS-Hilfe mit einer Schwulengruppe, einer niedrigschwelligen Jugendeinrichtung und einer Alkoholiker-Selbsthilfe.

Abgesehen von einer kurzen Phase, in der das Land NRW ABM-Kräfte zur Verfügung stellte, arbeitet die AIDS-Hilfe Kreis Kleve seit 20 Jahren rein ehrenamtlich, unterstützt nur durch eine jährliche Fördersumme von 4.600 Euro durch das Land. Ein fester Kern von zehn engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trifft sich einmal wöchentlich für zwei Stunden, um die Arbeit zu verteilen. Sie betreuen mehr als 50 HIV-Positive in dem weitläufigen Einzugsgebiet, davon einen großen Teil in zwei Haftanstalten und einer forensischen Einrichtung. „Da kommen wir schon an unsere Grenzen, zumal der bürokratische Aufwand immer mehr zunimmt“, sagt Paul Zigan, der 66-jährige Ehrenvorsitzende und Mitbegründer. „Es wäre gut, wenn wir zehn bis zwanzig Leute mehr hätten.“

Dann wäre nicht nur mehr Zeit für die Prävention an den Schulen der 16 Gemeinden im Kreis, sondern vor allem für die Beratung und Betreuung gerade der Menschen, die sonst nur wenige Kontakte haben und sich auch nicht in einer Selbsthilfegruppe im Café Hope treffen könnten, weil die Entfernungen einfach zu groß sind. Immer mehr der Betreuten sind aus der früher ersehnten Anonymität der Großstädte zurück aufs Land gekommen, weil sie hier, wie Paul Zigan vermutet, verlässlichere Bindungen haben.

Offenbar finden sie in der katholisch geprägten Region auch ein relativ tolerantes gesellschaftliches Klima vor. Paul Zigan führt das nicht zuletzt auf die Nähe zu den Niederlanden zurück. „Die Bürger bei uns sind viel weiter, als man denkt“, sagt er. Seit dem Bestehen der Aidshilfe sei ihm keine Handvoll Fälle begegnet, in denen Menschen mit HIV diskriminiert wurden. Und eine Umfrage in Altersheimen habe ergeben, dass 70 Prozent nichts gegen schwule Mitbewohner hätten und die Ehe von Schwulen und Lesben akzeptieren.

Trotz aller Offenheit fehle es aber an einer schwulen Infrastruktur, und viele schwule Männer, die sich früher in der Aidshilfe zum Austausch trafen und sich engagierten, verlagerten sich heute auf soziale Medien und Internetportale. Immerhin ließe sich aber über die Kontakte der Schwulengruppe schnell Hilfe zum Beispiel beim Aufbau von Infoständen organisieren.

Paul Zigan hofft nun, dass nach den Kommunalwahlen im Herbst frischer Wind im Rathaus einzieht und davor vielleicht auch einmal die Regenbogenfahne weht. Von ihr könnte dann eine Signalwirkung für den dringend benötigten Nachwuchs ausgehen.

(af)