Kündigung wegen HIV-Infektion: Verstoß gegen Europäische Menschenrechtskonvention

Ein Arbeitgeber, der auf Druck der Kollegen einen HIV-positiven Mitarbeiter entließ, hat damit die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg.

Im zugrundeliegenden Fall hatte der Angestellte eines griechischen Schmuckherstellers gegenüber drei Kollegen die Befürchtung geäußert, sich mit HIV infiziert zu haben. Als sich der Verdacht nach einem Test bestätigte, forderten diese Mitarbeiter die Firmenleitung zur Entlassung des Mannes auf, da sie ein Infektionsrisiko am Arbeitsplatz befürchteten.

Der Arbeitgeber setzte zunächst auf Aufklärung, doch die Mitarbeiter bestanden auf ihrer Forderung und hatten schließlich Erfolg: Der Arbeitgeber entließ den Angestellten mit einer Abfindung.

Der fand bald darauf einen neuen Arbeitsplatz, klagte aber gegen seine Entlassung. Das erstinstanzliche Gericht erklärte die Kündigung für unrechtmäßig – der Arbeitgeber habe seine Machtposition missbraucht. Eine Weiterbeschäftigung sei aber nicht notwendig, da der Kläger ja einen neuen Arbeitsplatz habe.

Das Berufungsgericht dagegen kassierte dieses Urteil. Zwar seien die Befürchtungen der Mitarbeiter wegen einer möglichen HIV-Ansteckungsgefahr medizinisch unbegründet, doch sei die Kündigung wegen der möglichen Störung des Betriebsfriedens rechtmäßig.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese Argumentation nun für unzulässig erklärt (Aktenzeichen: 552/10). Für die Störung des Betriebsklimas seien jene Kollegen verantwortlich gewesen, die falsche Informationen über eine Ansteckungsgefahr in Umlauf gebracht hätten. Außerdem hätten die griechischen Richter die Interessen des HIV-infizierten Mannes zu wenig berücksichtigt und mit ihrem Urteil Artikel 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt.

Der Juwelier sei mit der Kündigung diskriminiert und in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt worden, heißt es in der Urteilsbegründung der EGMR-Richter. Der griechische Staat muss dem Juwelier nun Schmerzensgeld und Schadenersatz in einer Gesamthöhe von 14.339 Euro zahlen.

Silke Eggers, DAH-Referentin für soziale Sicherung und Pflege, begrüßt die Entscheidung. „Sie setzt ein wichtiges Signal und macht noch einmal unmissverständlich deutlich, dass eine Kündigung wegen einer HIV-Infektion nicht zu begründen ist“, betont Eggers. Das Urteil könne künftig in ähnlich gelagerten Fällen helfen, Menschen mit HIV vor Diskriminierung in der Arbeitswelt zu schützen.

(sho)

 

Quelle/weitere Informationen

Vorurteile wegen HIV-Infektion kein Kündigungsgrund (juraforum.de, 09.10.2013)

Link zum Urteil (in französischer Sprache)