Neue Beratungsnummer findet große Resonanz

Am 1. Oktober 2008 startete die gemeinsame Telefonberatung der Aidshilfen unter der Nummer 0180-33-19411. An ihr beteiligen sich 27 Aidshilfen mit mehr als 130 haupt- und ehrenamtlichen Beraterinnen und Beratern.

Nach sechs Monaten praktischer Erfahrung zog der Koordinationskreis Telefonberatung Bilanz. Wie hat sich das neue Angebot entwickelt?

Bei der Beurteilung ist es wichtig, sich noch einmal die Ziele vor Augen zu halten, die durch die gemeinsame Telefonberatung erreicht werden sollten:

  • Ein nutzerfreundliches Telefonberatungsangebot zu schaffen
  • Die Telefonberatung vor Ort effektiver zu gestalten
  • Die Qualität in der Telefonberatung zu sichern und weiter zu entwickeln

Das erste Ziel konnte ganz klar erreicht werden. Wir bieten Ratsuchenden 62 Stunden in der Woche kompetente Beratung. Es ist im ersten Halbjahr tatsächlich auch gelungen, dies 100%ig zu gewährleisten. Gegenseitige Vertretungen werden im internen Forum angemeldet und laufen sehr unkompliziert. Hier zeigt sich schon viel Teamgeist und Identifikation mit dem gemeinsamen Projekt.

Anruferzahlen
Erstaunlich ist, wie schnell die neue Nummer 0180-33-19411 bekannt wurde. Bereits im ersten Monat (Oktober 2008) wurden über 300 Beratungsgespräche geführt, im März 2009 waren es schon fast 600 Anrufe. Insgesamt kommen wir im ersten halben Jahr auf eine Zahl von fast 2.800 Beratungen. Bei den beteiligten Aidshilfen vor Ort ist damit der gewünschte Effekt eingetreten, dass während des übernommenen Zeitfensters mehr Anrufe ankommen und somit eine höhere Auslastung erzielt wurde.

Geschätzt wird, dass sich die Anzahl der Anfragen nahezu verdoppelt hat. Deutlich wird daran, welch große Rolle das Medium Telefon nach wie vor in der HIV-Prävention spielt und dass Aidshilfe hier in der Vergangenheit eher ein Problem der Erreichbarkeit hatte. Damit ist das zweite Ziel ebenfalls erreicht.

Themen der Beratung
Hauptthemen der Beratung sind ganz klar Fragen nach einem Ansteckungsrisiko, gefolgt von Fragen zum HIV-Test. Reine Informationsfragen können sehr schnell beantwortet werden. 42 % der Telefongespräche sind kürzer als fünf Minuten. Bei den anderen Anrufen handelt es sich um intensivere Beratungen.

Dabei haben wir es nicht selten mit Menschen zu tun, die sehr übertriebene Ängste vor einer HIV-Infektion haben. Oft steckt hinter solchen übertriebenen Ängsten ein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle bezüglich Fremdgehen oder Bordellbesuchen. Dagegen spielen Themen wie Drogengebrauch oder Migration am Telefon so gut wie keine Rolle.

HIV-Ansteckungsrisiken 40,2 %
HIV-Test          21,0 %
Schutz vor HIV   7,4 %
STD´s   5,7 %
Seelische Probleme 4,4 %
Leben mit HIV 3,3 %
Partnerschaft 3,3 %

 

Drei Viertel der Anrufer sind männlich, ein fünftel der Anrufer werden von den Berater/innen also homo- oder bisexuell eingeschätzt.

Qualität in der Beratung
Ein wichtiges Ziel der gemeinsamen Telefonberatung war es, die Qualität zu sichern und weiter zu entwickeln. Ein erster Schritt dahin war die Verständigung auf gemeinsame Qualitätsstandards. Diese sind Bestandteil des Vertrages. Alle Telefonberater/innen verpflichten sich schriftlich zu Verschwiegenheit und Datenschutz. Die regionalen Aidshilfen tragen dafür Sorge, dass die Beratung in einer ungestörten Atmosphäre stattfinden kann. Beratung erfolgt nur von einem Festnetzanschluss aus. Es wird sichergestellt, dass Rufnummern von Ratsuchenden auf dem Display nicht sichtbar sind.

Die teilnehmenden Aidshilfen benennen nur Telefonberater/innen für die gemeinsame Telefonberatung, die eine fundierte Ausbildung durchlaufen haben und vor Ort in ein Team eingebunden sind. So wird die Möglichkeit für Reflexion und Fortbildung sicher gestellt.

Alle Telefonberater/innen haben die Möglichkeit des fachlichen Austausches in einem eigens hierfür eingerichtetem Internetforum. Dieser Austausch findet bereits statt, ist aber noch ausbaufähig. Da sich die meisten Telefonberater/innen nicht persönlich kennen, braucht es sicher noch eine gewisse Zeit, die Scheu zu überwinden, sich vor 130 anderen Berater/innen mit seiner Meinung im Forum zu zeigen.

Die Erfahrung mit anderen vergleichbaren Projekten, wie z. B. bei den Präventionisten bei  gayromeo, zeigt, dass man Geduld haben muss, bis ein lebendiger Austausch in Gang kommt. Gemeinsame Fortbildungen als eine Möglichkeit für das persönliche Kennenlernen sind in Vorbereitung. So ist für den Sommer 2009 ein Telefonberatertreffen in Berlin geplant, an dem zumindest ein Teil der Berater/innen teilnehmen kann. Für 2010 gibt es Überlegungen für regionale Weiterbildungstreffen.

Fazit
Die neue Beratungsnummer 0180-33-19411 wurde überraschend schnell von Ratsuchenden angenommen. Dadurch konnte die Auslastung der Telefonberatung erheblich verbessert werden. Die organisatorische Zusammenarbeit funktioniert sehr unkompliziert. Herausforderungen für die Zukunft sind die Konzeption von Fortbildungseinheiten und eine Förderung des fachlichen Austauschs. Hier muss man im Auge behalten, was über Internet leistbar ist und wo es persönliche Begegnungen braucht.

Nach einem halben Jahr praktischer Erfahrungen kann man sagen: Die gemeinsame Telefonberatung ist ein Erfolgsmodell, das über die eigentliche Beratungsarbeit hinaus auch zur verbandsinternen Kommunikation beiträgt und so die Identifikation mit dem Verband befördert. Wir sehen guten Mutes in die Zukunft.

Die Mitglieder des Koordinationskreises Telefonberatung
Werner Bock, Deutsche AIDS-Hilfe
Ulrich Breitbach, AIDS-Hilfe Oberhausen (in Vertretung von Melanie Luczak, AH Hagen)
Joschi Moser, AIDS-Hilfe Schwäbisch-Gmünd
Tom Scheel, Aids Centrum Rostock
Johanna Schneider, Münchner AIDS-Hilfe
Claudia Veth, Berliner AIDS-Hilfe