Mission: Nächstenliebe und immerwährende Freude

Die Berliner Schwestern der Perpetuellen Indulgenz feiern ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Ausstellung

Wie richtige katholischen Nonnen schauen sie wahrlich nicht aus, sondern eben doch eher wie schwule Männer, die sich als Bräute Christi gewandet haben. Die farbenprächtigen Kostüme erinnern mal mehr, mal weniger an klassische Nonnentracht, und die Gesichter sind stets weiß geschminkt. Zwar haben sie sich auch der „Verbreitung immerwährender Freude“ verschrieben, doch die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz, wie sich der deutsche Ableger der bereits 1979 in San Franzisco gegründeten Bewegung nennt, sehen ihre Hauptaufgabe in der Aids-Prävention.

In Berlin  missionieren die ehrenamtlichen Schwestern bereits seit 20 Jahren. Mit einer Ausstellung bei „ZIK - Zuhause im Kiez“, dem Wohnprojekt für Menschen mit HIV/Aids oder chronischer Hepatitis C, feiert das Gründungs- und Erzhaus der deutschsprachigen Schwesternschaft nun das 20-jährige Bestehen. Gezeigt werden Bilder aus der Arbeit von zwei Jahrzehnten des Berliner Erzmutterhauses, das zu Ehren der 1993 verstorbenen Berliner Polittunte und Soulsängerin Melitta Sundström den Namen Sankta Melitta Iuvenis trägt.

Die frühen 1990er sind etwas dünner dokumentiert, da müssen alte Nonnenhauben und Textmaterial genügen, um die Gründung und die ersten Aktionen der Berliner Schwestern zu rekapitulieren. Für die Folgejahre gibt es, nicht zuletzt dank der Digitalfotografie, reichlich Bilder von Spendensammelaktionen oder Kondomverteilungen bei CSDs und anderen schwulen Events.

Auch heute noch würden die Schwestern immer wieder mal als schräge Vögel und schrille Tunten abgetan, sagt Schwester Suzette, eine der wenigen Frauen im Berliner Orden. Doch in der Regel seien sie als ernsthafte Partner in der HIV-Prävention und beim Engagement gegen Aids anerkannt. Dort liegen auch die Wurzeln der Bewegung. Suzette erinnert daran, dass die Sisters of Perpetual Indulgance 1982 in San Franzisco die weltweit erste Safer-Sex-Broschüre herausbrachten - in einer Sprache, die Sexualität sehr positiv darstellte.

Die deutschen Ordenschwestern - ansässig unter anderem in Köln, Hamburg, Oldenburg und eben auch Berlin - verteilen jedoch nicht nur Aufklärungsbroschüren oder sammeln mit der Spendenbüchse Geld für örtliche HIV/Aids-Projekte. Zu ihren international festgelegten Grundaufgaben gehört auch die „Verbreitung von Freude“ und der „Dienst an der Gemeinde“. Die Berliner Schwestern setzen dies beispielsweise mit eigenen Veranstaltungen im Café PositHiv um, wo sie mit Shows und Kuchenbuffet-Nachmittagen auch jenen HIV-Positiven eine Teilnahme am sozialen Leben bieten wollen, denen vieles aus finanziellen Gründen nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Aber auch abseits der Öffentlichkeit absolvieren sie ihren Gemeindedienst: als Beichtschwestern und Seelsorgerinnen. „Durch unseren Habitus und die weißen Gesichter sind wir anonymisierte Erscheinungen. Das schützt uns selbst, macht es vielen Menschen aber auch leichter, uns ihr Herz auszuschütten“, erzählt Suzette. „Wir beraten nicht, sondern trocknen Tränen, hören zu, fragen nach und trösten. Viele suchen einfach nach einem Menschen, der ihnen zuhört, dem sie ihr Herz ausschütten können.“ Manchmal seien es ganz alltägliche, private Nöte, Sorgen und Ängste, die nicht immer im Zusammenhang mit HIV stehen.
Wie „richtige“ Nonnen haben auch die Schwestern ein Schweigegelübde abgelegt. Was immer ihnen anvertraut wird, sie bewahren es in ihren Herzen.

(sho)

Vernissage der Ausstellung „20 Jahre Perpetuelle Inulgenz in Deutschland“ am Freitag, 23.9., 19h, in die ZIK-Orangerie, Reichenberger Strasse 129 (Berlin-Kreuzberg)

7.10. Premiere des Dokumentarfilms „The Sisters“, 19 Uhr, ebenfalls in der ZIK-Galerie.

Die Berliner Schwestern der perpetuellen Indulgenz im Internet: www.indulgenz.de