Wundbotulismus bei Heroingebrauchern in Europa aufgetreten
Ein klinisch diagnostizierter Fall wurde aus Norwegen gemeldet. Anfang Januar wurden in Schottland zwei Verdachtsfälle bekannt.
Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Mittwoch der Deutschen AIDS-Hilfe mitteilte, ging am 29. Dezember 2014 über das europäische Frühwarnsystem (EWRS) die Meldung über einen Wundbotulismus-Fall bei einem injizierenden Drogengebraucher aus der Gegend von Oslo ein. Anfang Januar dieses Jahres wurde in Schottland über zwei weitere Verdachtsfälle berichtet: Beide Personen hatten offenbar ebenfalls Heroin injiziert und wurden in einem ernsten Zustand ins Krankenhaus eingeliefert.
Ursache der Erkrankungshäufung könnte eine kontaminierte Charge Heroin sein, weshalb auch in anderen Ländern weitere Fälle nicht auszuschließen seien, so das RKI weiter.
In der Vergangenheit hatte es öfter Fälle von Wundbotulismus bei injizierenden Drogengebrauchern gegeben – in Deutschland zum Beispiel in den Jahren 2004 (ein Fall in Bayern) und 2005 (12 Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen). Auch bei anderen Ausbrüchen (z. B. Norwegen, USA, Vereinigtes Königreich) wurde verunreinigtes Heroin, das subkutan (ins Unterhautgewebe) injiziert wurde, als Infektionsquelle verdächtigt.
Botulismus ist eine lebensbedrohliche Vergiftung und entsteht durch Neurotoxine des Bakteriums Clostridium botulinum, eines im Erdstaub weit verbreiteten Sporenbildners. Wundbotulismus ist eine von drei möglichen Erscheinungsformen (neben lebensmittelbedingtem Botulismus und Säuglingsbotulismus). Werden Drogen, die diese Giftstoffe produzierenden Sporen enthalten, unter die Haut oder ins Muskelgewebe gespritzt, können sich die Bakterien vermehren, wenn im Gewebe anaerobe Bedingungen (unter Luftabschluss) vorherrschen.
Ungefähr vier bis 14 Tage nach der Infektion bildet sich das Krankheitsbild aus. Neben lokalen Symptomen einer schweren Wundinfektion verursacht die Vergiftung typischerweise Hirnnervenlähmungen, Doppeltsehen, Ptosis (Herabhängen der Augenlider) sowie Schluck- und Atemlähmungen, sodass unter Umständen eine länger dauernde Beatmung notwendig wird.
Behandelt wird Botulismus mit einem Botulinum-Antitoxin (nur in den ersten 24 Stunden wirksam), einer symptomatischen Therapie und einer chirurgischen Wundversorgung (breite Öffnung der Wunde) sowie – anders als beim lebensmittelbedingten Botulismus – mit Antibiotika (Penizillin G).
Klinische Verdachtsfälle von Botulismus müssen unverzüglich an das lokale Gesundheitsamt gemeldet werden.
(Christina Laußmann)
Quelle/weitere Informationen:
Meldung des Herald Scotland über zwei Botulismusverdachtsfälle bei Heroingebrauchern in Schottland vom 1. Januar 2015
„Wundbotulismus – ein Fallbericht“ im Epidemiologischen Bulletin des RKI vom Oktober 2004
„Update zu einer Häufung von Wundbotulismus bei injizierenden Drogenkonsumenten in Nordrhein-Westfalen“ im Epidemiologischen Bulletin des RKI vom Dezember 2005
Informationen zu Botulismus auf der Website des Robert Koch-Instituts