Weniger Partner – weniger HIV-Risiko?

Sollte man Schwule ermuntern, die Zahl ihrer Sexpartner zu reduzieren, um das HIV-Risiko zu senken? Diese Frage rief auf der Präventionskonferenz CHAPS in Manchester eine heiße Diskussion hervor

Vom 9. bis zum 10. März fand in Manchester die 14. CHAPS-Konferenz statt. Das Kürzel CHAPS steht für „Community HIV and Aids Prevention Strategy“. Dahinter verbirgt sich ein Zusammenschluss von HIV-Präventionsagenturen und Forschungsgruppen aus ganz England. Sie alle kümmern sich um Gesundheitsangebote, die vor allem für schwule und bisexuelle Männer gedacht sind.

Das Konferenzprogramm umfasste eine große Vielfalt von Themen. So ging es zum Beispiel um die Rolle der antiretroviralen Therapien in der Prävention (Stichwort „Senkung der Ansteckungsgefahr für andere“) und den Einfluss von Drogen und Pornokonsum auf das sexuelle Verhalten. Außerdem wurden viele Angebote, Ideen und Konzepte vorgestellt, etwa zum Thema seelische Gesundheit, Anti-Homophobie-Trainings sowie „Neue Formen der Kondomverteilung“.

Besonders angeregte Diskussionen rief ein Vortrag von Yusef Azad vom britischen „National Aids Trust“ hervor. Azad ging von der schlichten, aber „wissenschaftlich signifikanten“ Erkenntnis aus, dass die Zahl der Partner auch die Möglichkeiten der Übertragung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen mitbestimme. Deswegen schlug er Kampagnen zur Reduzierung der Partnerzahl vor. Die Botschaft: „Habe weniger Partner, vermeide parallele Partnerschaften und viele Partnerschaften hintereinander.“

Die Empfehlung löste im Plenum Erstaunen und Heiterkeit aus, würde man sie doch eher – wie der Vortragende auch selbst feststellte – von sexual- und homosexuellenfeindlichen Missionaren erwarten.

In der Debatte wurden dann auch entsprechende Fragen gestellt: Würde eine solche Kampagne nicht eher auf Unverständnis und Ablehnung gerade bei denen führen, die sie ansprechen sollte? Würde ein solcher Ansatz nicht auch darüber hinwegtäuschen, dass eine große Anzahl von HIV-Infektionen gerade in festen Partnerschaften stattfindet? Und würde man dadurch nicht eine falsche Sicherheit vermitteln?

Ein Redner betonte, dass Prävention nicht moralisieren dürfe. Eher solle man die Frage nach der Anzahl der Partner und der Qualität des Sexes aufgreifen: „Warum haben einige von uns weniger Partner, andere viele? Sind diejenigen mit vielen Partnern glücklicher mit ihrem Sexleben – oder nur auf der Suche nach dem Glück? Und sind diejenigen mit einem oder wenigen Partnern unglücklicher?“

Das Fazit der Diskussion: Die von Azad vorgeschlagene Kampagne zur Reduzierung von Partnerzahlen wäre oberflächlich und Geldverschwendung. Präventionsarbeit solle stattdessen zum Ziel haben, „guten Sex“ mit „möglichst wenig daraus resultierenden Schäden“ zu fördern.

(Dirk Sander)

 

Weitere Informationen

CHAPS-Homepage (in englischer Sprache)