Regierungskoalition verhandelt über neue Regeln für die Sexarbeitsbranche

Vertreterinnen und Vertreter von CDU/CSU und SPD versuchen heute, eine Einigung bei der angestrebten Prostitutionsregulierung zu finden.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Parteien beschlossen, das Prostitutionsgesetz von 2002 umfassend zu überarbeiten, um Frauen besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen und ordnungsbehördliche Kontrollmöglichkeiten zu verbessern.

Uneins ist man sich allerdings darüber, auf welchem Weg diese Ziele erreicht werden sollen. Lediglich bei zwei Punkten herrscht Klarheit: Sogenannte Flatrate-Bordelle sollen verboten und die Rechte der Ordnungsbehörden gestärkt werden.

Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), forderte die SPD laut tagesschau.de auf, „über ihren Schatten zu springen“, um den schwelenden Koalitionsstreit zu befrieden.

Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) befürchtet, die Debatte werde „wenig sachlich“ geführt. „Bei der CDU regieren wertkonservative Moralvorstellungen, die mit der Realität in der Sexarbeitsbranche wenig gemein haben“, erklärte die politische Sprecherin des BesD, Johanna Weber.

Der BesD wie auch die SPD lehnen die von der Union geforderte Heraufsetzung des Mindestalters für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter auf 21 Jahre ab. Ein höheres Mindestalter, so Johanna Weber, werde 18- bis 20-jährige Frauen nicht von der Prostitution abhalten, sie aber kriminalisieren und ihnen so den nötigen Schutz vorenthalten.

Auch die Bestrafung von Freiern, die wissentlich die Dienste einer unter Zwang stehenden Prostituierten in Anspruch nehmen, lehnen SPD und BesD ab. Forderungen der Union wie die Bestrafung von Freiern, die wissentlich die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen, oder Zwangsuntersuchungen würden die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter massiv verschlechtern, erklärte BesD-Presssesprecherin Undine de Rivière. „Statt noch mehr diskriminierender Repressalien brauchen wir ganz im Gegenteil endlich eine rechtliche Gleichstellung mit anderen Berufen”, so de Rivière weiter.

Ihr Berufsverband teile zudem die Haltung der Deutschen AIDS-Hilfe, dass man Safer Sex nicht mit einer gesetzlichen Kondompflicht durchzusetzen könne – nachweislich effektiver sei Aufklärung. Wirksame Prävention beruhe stets auf Information und Eigenverantwortlichkeit.

Der BesD fordert daher, bundesweit in jeder größeren Stadt die Möglichkeit zur anonymen, kostenlosen und Sexarbeit akzeptierenden Gesundheitsvorsorge durch die Gesundheitsämter zu schaffen.
 Die Erfahrung zeige, dass solche Möglichkeiten von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern gern und freiwillig angenommen würden.

(ascho)

 

Quellen/weitere Informationen

Große Koalition uneins über Prostitutionsgesetz (tagesschau.de vom 14.08.2014)

BesD-Stellungnahme zu den strittigen Punkten der Gesetzesreform (14.08.2014)

Stellungnahme der Deutschen AIDS-Hilfe zur Kondompflicht im Saarland (Meldung auf aidshilfe.de vom 26.02.2014)