„positive stimmen“: Deutsche AIDS-Hilfe startet einzigartiges Interviewprojekt gegen Diskriminierung

Der Startschuss ist gefallen: Ab sofort befragen Menschen mit HIV andere HIV-Positive zu ihren Erfahrungen mit Diskriminierung und Stigmatisierung. „positive stimmen“ heißt das einzigartige Projekt, das von der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) ermöglicht und koordiniert wird.

Das Ziel: Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit HIV sollen sichtbar gemacht und dokumentiert werden. Zugleich unterstützt „positive stimmen“ die HIV-positiven Interviewer und Interviewten dabei, selbstbewusst mit Diskriminierungserfahrungen umzugehen, sich Unterstützung zu holen und gemeinsam mit anderen HIV-Positiven gegen Ausgrenzung aktiv zu werden. Das ist das Besondere an dem Projekt: Forschung und Hilfe zur Selbsthilfe gehen Hand in Hand.

Die Stigmatisierung von Menschen mit HIV hat viele Facetten. Die Erfahrungen reichen vom unbestimmten Gefühl, nicht akzeptiert zu werden, über die Verweigerung der Behandlung beim Zahnarzt bis hin zu Schuldzuweisungen, Mobbing am Arbeitsplatz und unrechtmäßigen Kündigungen. Solche Erlebnisse haben gravierende Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität.

Der Grund für Ausgrenzung sind meist irrationale Infektionsängste, mangelndes Wissen und falsche Bilder vom Leben mit HIV, etwa die Gleichsetzung der Infektion mit schwerer Krankheit und baldigem Tod.

„positive stimmen“ setzt diesen Vorstellungen ein authentisches Bild vom Leben mit HIV entgegen. Die Regie liegt dabei in den Händen der HIV-Positiven, die das Projekt tragen. Die Deutsche AIDS-Hilfe bietet den organisatorischen Rahmen.

Dazu Michael Jähme vom Projektbeirat:„Menschen mit HIV gehen gemeinsam an die Öffentlichkeit – da mache ich gerne mit! Ich selbst habe mich schon lange mit Themen wie Diskriminierung und Schuldgefühlen auseinandergesetzt und freue mich, dass ich jetzt andere bei ihrem Umgang mit Stigmatisierung unterstützen kann!“

Melike Yildiz, die ebenfalls dem Projektbeirat angehört, betont: „Leute, die bisher stumm waren, können sich durch dieses Projekt zu ihren Erlebnissen äußern – das ist ein Durchbruch!“

Und DAH-Vorstandsmitglied Manuel Izdebski sagt: „Oft ist es nicht leicht, Diskriminierung zu benennen und Ausgrenzung selbstbewusst entgegenzutreten. Dieses Projekt zeigt, welche Kräfte in der Selbstorganisation stecken. Die Deutsche AIDS-Hilfe bekommt auf diesem Weg wertvolle Informationen, wie wir Selbsthilfeaktivitäten noch besser unterstützen können.“

Rund 40 HIV-positive Interviewerinnen und Interviewer sind bereits in Wochenendseminaren ausgebildet worden, weitere werden folgen. In den nächsten Monaten werden sie mehrere Hundert etwa 90-minütige Interviews führen. Wer sich interviewen lassen möchte, kann sich über die Website von „positive stimmen“ bei der Deutschen AIDS-Hilfe melden. Die Ergebnisse des Projekts werden im Sommer 2012 veröffentlicht.

„positive stimmen“ ist die Umsetzung des internationalen „The People Living with HIV Stigma Index“ in Deutschland. Dieser wird von zahlreichen großen Organisationen getragen, darunter die HIV/Aids-Organisation der Vereinten Nationen, UNAIDS, und das Globale Netzwerk der Menschen mit HIV/Aids, GNP+. Mittlerweile haben sich über 40 Länder an dem Projekt beteiligt, die Ergebnisse sind unter www.stigmaindex.org dokumentiert.

Mit dem Alltag HIV-Positiver befasst sich auch die Welt-Aids-Tags-Kampagne „Positiv zusammen leben. Aber sicher!“, die vom Bundesministerium für Gesundheit, von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Deutschen AIDS-Stiftung und der Deutschen AIDS-Hilfe gemeinsam getragen wird. Hier berichten zahlreiche Botschafterinnen und Botschafter von ihrem Leben mit dem Virus.

Weitere Informationen:

www.positive-stimmen.de

Video über das Projekt

 

www.welt-aids-tag.de