Kämpfer für die Rechte von LSBTI* und Menschen mit HIV
Sei es die eingetragene Lebenspartnerschaft, die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare oder die Rehabilitierung der nach § 175 Strafgesetzbuch verurteilten homo- und bisexuellen Männer – an fast allen entscheidenden Erfolgen bei der Gleichstellung und der Beseitigung von Diskriminierung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen der letzten drei Jahrzehnte hatte Manfred Bruns maßgeblichen Anteil.
Als langjähriges Vorstandsmitglied und Justiziar des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) engagierte er sich bis zu seinem Tod für die Rechte und die Emanzipation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und inter* Menschen (LSBTI*).
1994 zeichnete ihn Bundespräsident Roman Herzog „für sein gesellschaftliches und gesellschaftspolitisches Engagement für die Emanzipation und Anerkennung Homosexueller, für den Schutz ihrer Rechte und für die Wahrung der Würde von Menschen, die HIV-positiv oder an Aids erkrankt sind,“ mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse aus.
Es sollte nicht die einzige Würdigung seiner Arbeit bleiben. 2002 erhielt er die Magnus-Hirschfeld-Medaille, 2008 den Zivilcourage-Preis des Berliner CSD und 2012 den Rosa-Courage-Preis vom Osnabrücker Verein Gay in May. 2017 wurde ihm zudem die Kompassnadel des Schwulen Netzwerks NRW überreicht.
Mit seinem Coming-out setzte er seine Karriere aufs Spiel
Manfred Bruns, 1934 im Linz am Rhein geboren, wagte Mitte der Achtzigerjahre mit seinem Coming-out einen mutigen Schritt. Der Familienvater beendete sein Doppelleben und setzte damit auch seine Karriere als Bundesanwalt auf Spiel.
Zugleich begann er sein profundes juristisches Wissen der LSBTI*-Community zur Verfügung zu stellen: Als Gutachter und Sachverständiger bei Anhörungen im Bundestag, in Landtagen und bei Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht trat er als geachteter Experte für LSBTI* und Menschen mit HIV und Aids ein.
Manfred Bruns war von 1987 bis 1990 eine wichtige Stimme in der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Gefahren von Aids und wirksame Wege zu ihrer Eindämmung“ und damit einer der Wegbereiter für die liberale Aids-Politik in der Bundesrepublik.
Er kämpfte für die Abschaffung des § 175 StGB und später für die Rehabilitierung der verurteilten Männer. Nicht zuletzt focht er bis zum Bundesverfassungsgericht gegen die Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und erstritt so die wegweisenden Grundsatzurteile, die den Weg zur „Ehe für alle“ bahnten.
Am Dienstag ist Manfred Bruns im Alter von 85 Jahren verstorben.
„Ein großer Bürgerrechtler“
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes würdigte den ersten Träger ihres „Preises für das Engagement gegen Diskriminierung“ als „einen großen Bürgerrechtler“.
Der LSVD hebt in einer Würdigung auch Bruns’ Mitgestaltung am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und bei der Modernisierung des Familien- und Abstammungsrechts hervor. „In unermüdlicher Arbeit beriet er beim LSVD unzählige Menschen, darunter viele Geflüchtete, und war für sie Ansprechpartner und Ratgeber. Seine gewissenhafte Sammlung und Ergänzung von Urteilen zur LSBTI*-Rechtsprechung ist für Jurist*innen in Deutschland immer noch ein unverzichtbares Arbeitsmittel“, so der LSVD weiter.
Durch Manfred Bruns’ unermüdlichen Einsatz hat sich nicht nur die Rechtssituation von LSBTI* in der Bundesrepublik grundlegend verändert. Er hat auch wesentlich zur Emanzipation von Schwulen, Lesben und Bisexuellen beigetragen.
Solche „unsinnigen Lebensläufe“ wie sein eigener sollen sich nicht wiederholen, antwortete Bruns in einem Interview von tagesschau.de auf die Frage, warum er sich über Jahrzehnte hinweg für die Rechte von LSBTI* engagierte.
„Über die Jahre hat sich viel verändert, und das ist das Schöne. Wenn Eltern erfahren, dass ihr Kind lesbisch oder schwul ist, hatten sie früher wahnsinnige Angst, was für einen schrecklichen Lebenslauf sie haben würden“, so Manfred Bruns weiter. „Heute können sie sich sagen, dass sie auch noch Minister oder Ministerpräsident werden können. Dass das möglich ist, das war selbst in den 1980er-Jahren noch undenkbar.“
„Ein engagierter und couragierter Vertreter des Rechtsstaats“
Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe sagt zum Tod von Manfred Bruns:
„Mit Manfred Bruns verlieren wir einen herausragenden Kämpfer für die rechtliche Gleichstellung. Nach der Lebenspartnerschaft und der ‚Ehe für alle‘, für die er lange gekämpft hat, durfte er mit der Rehabilitierung und Entschädigung der nach § 175 StGB noch im Nachkriegsdeutschland Verfolgten die Krönung seines Lebenswerks erleben.
Auch für die Aidshilfebewegung hat er durch Rat und Tat, vor allem in seiner Arbeit als sachverständiges Mitglied in der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages ‚Gefahren von AIDS und wirksame Wege zu ihrer Eindämmung‘ einen wichtigen Beitrag für die Stärkung der strukturellen Prävention und gegen die Ausgrenzung von HIV-Positiven geleistet.
Manfred war dabei immer ein engagierter und couragierter Verfechter des Rechtsstaats. Dass seine Stimme künftig fehlen wird, wiegt schwer, weil die sachliche und fundierte Argumentation gerade heute denen entgegengesetzt werden muss, die nur mit Lautstärke und leeren Phrasen zu hören sind.“
(ascho)