Homophobe Hassreden nicht durch Meinungsfreiheit geschützt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat bestätigt, dass eine gerichtliche Verurteilung wegen Verteilens homophober Flugblätter nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

Die vier vom Obersten Schwedischen Gerichtshof wegen Hetze gegen eine Minderheit verurteilten Männer hatten 2004 hunderte Flugblätter in den Schülerspinden eines Gymnasiums in Lundströma hinterlegt. Dort war zu lesen, dass die vor wenigen Jahrzehnten noch gegen Homosexualität eingestellte Gesellschaft diese ,,abweichende sexuelle Neigung“ heute begrüße. „Eure anti-schwedischen Lehrer wissen sehr wohl, dass Homosexualität eine moralisch zerstörerische Wirkung auf die Substanz der Gesellschaft hat, und werden bereitwillig versuchen, sie als etwas Normales und Gutes herauszustellen.“ Die Schüler sollten ihren Lehrern sagen, der promiske Lebensstil der Homosexuellen sei einer der Hauptgründe, weshalb sich HIV und Aids verbreitet habe.

In ihrem Antrag an den EGMR hatten die vier Männer geltend gemacht, ihre Verurteilung stelle eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 10 der Menschenrechtskonvention dar. Die sieben Richter des EGMR stellten dagegen einstimmig fest, dass dieses Recht nicht verletzt worden sei. Der Schutz der sexuellen Minderheit sei höher zu stellen als die Freiheit der Meinungsäußerung. Hassreden seien zerstörerisch für eine  demokratische Gesellschaft, weil sie zu Diskriminierung und sogar Gewalt gegen Minderheiten führten, weshalb man sie nicht schützen solle.

ILGA Europe, ein Zusammenschluss von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans*, hat die Entscheidung des EGMR als ein wichtiges Grundsatzurteil begrüßt: „Jahrzehntelang sind Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intersexuelle einer Lawine beleidigender, unzutreffender, diskriminierender und diffamierender Rhetorik ausgesetzt gewesen“, so ILGA-Vorstandsmitglied Martin K.I. Christensen. Das Gericht habe klar erkannt, dass solche Behauptungen die gesamte Community beleidigen, und deutlich gemacht, dass sich Einzelpersonen und Organisationen nicht auf die Meinungsfreiheit berufen können, wenn sie dergleichen äußern, veröffentlichen und verbreiten.

Gemäß Artikel 43 und 44 der Europäischen Menschenrechtskonvention ist die Entscheidung des EGMR allerdings noch nicht rechtskräftig, da sie noch von der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte überprüft werden kann.  

(ch)

Quellen:

Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall „Vejdeland and others v. Sweden“

ILGA Europe

http://www.heise.de/tp/blogs/6/151394