Frankreich: Erste HIV-PrEP-Sprechstunde eröffnet

Das Pariser Saint-Louis-Krankenhaus bietet seit heute eine Sprechstunde für Personen mit hohem HIV-Infektionsrisiko an und gibt das Medikament Truvada zum Schutz vor einer Ansteckung ab.

Der Chef der Infektiologie am Hôpital Saint Louis, Professor Jean-Michel Molina, und die Aidshilfe-Organisation AIDES wollen damit den Druck auf die Regierung erhöhen, Truvada für die Prä-Expositions-Prophylaxe (Vor-Risiko-Vorsorge, kurz: PrEP) zuzulassen. Ein Antrag auf eine „temporäre Gebrauchsempfehlung“ außerhalb der eigentlichen Zulassung als HIV-Medikament liegt der zuständigen Behörde bereits seit zwei Jahren vor, eine Entscheidung darüber könnte in den nächsten Monaten fallen. Dabei müsste auch geklärt werden, wer für die Kosten aufkommt.

Die neue PrEP-Beratung soll laut Daniela Rojas Castro von AIDES 23 Euro kosten, das Rezept 65 Euro (jeweils 70 % davon werden von der Sozialversicherung übernommen). Für eine Monatspackung Truvada sind dann in der Krankenhausapotheke 460 Euro zu bezahlen, die Kosten werden nicht erstattet.

Empfohlen wird die PrEP in Frankreich HIV-negativen Männern, die Sex mit Männern haben und

  • in den zurückliegenden sechs Monaten mit mindestens zwei verschiedenen Partnern Analverkehr ohne Kondom hatten oder
  • bei denen bereits mehrfach sexuell übertragene Infektionen wie Syphilis, Chlamydien, Gonorrhö, Hepatitis B oder Hepatitis C festgestellt wurden oder
  • die mehrfach pro Jahr eine Post-Expositions-Prophylaxe (eine vierwöchige Behandlung mit HIV-Medikamenten zur Verhinderung einer Ansteckung nach einem Risikokontakt) gemacht haben oder
  • die bei sexuellen Begegnungen psychoaktive Substanzen konsumieren.

Verschrieben werden kann die PrEp darüber hinaus

  • Trans*-Menschen mit ungeschützten Sexualkontakten
  • Drogengebrauchern/-innen, die Spritzen gemeinsam benutzen
  • Sexarbeitern/-innen, die ungeschützten Sexualkontakten ausgesetzt sind
  • situativ besonders vulnerablen Personen, die ungeschützten Sexualkontakten ausgesetzt sind.

AIDES-Präsident Aurélien Beaucamp forderte, die PrEP allen zugänglich zu machen, die sie brauchen – dies gelte auch für die Finanzierung. „Jede Selektion nach Kaufkraft wäre inakzeptabel und würde die Auswirkungen dieses nützlichen neuen Instruments auf die Dynamik der Epidemie einschränken“, so Beaucamp. In einer Pressemitteilung der Organisation heißt es, die Eröffnung der Sprechstunde sei „ein entscheidender Schritt zur Beendigung eines Irrwegs der öffentlichen Gesundheit“. Angesichts der Tatsache, dass die PrEP nachweislich vor einer Ansteckung mit HIV schützen könne, seien 500 HIV-Neuinfektionen pro Monat in Frankreich nicht länger hinnehmbar.

Auch die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) fordert Zugang zur HIV-PrEP für diejenigen, denen sie beim Negativbleiben helfen kann.

Eine Verschreibung auf Privatrezept ist auch in Deutschland möglich, allerdings kostet eine Monatspackung Truvada in der Apotheke derzeit etwa 820 Euro.

(hs)

 

Quellen/weitere Informationen

AIDES-Presseerklärung vom 10.11.2015 (in französischer Sprache)

Französische Empfehlungen zur HIV-PrEP (Oktober 2015)

HIV-Medikamente zur Vorbeugung verfügbar machen! DAH-Pressemitteilung vom 25.02.2015

FAQs zur HIV-PrEP auf aidshilfe.de