Appell an die Bundesregierung für europaweiten Diskriminierungsschutz
Mit einem gemeinsamen Appell haben heute über 40 Verbände und Nichtregierungsorganisationen die Bundesregierung aufgefordert, den Weg zu einer EU-Gleichbehandlungsrichtlinie freizumachen.
Die geplante Richtlinie soll in ganz Europa vor Diskriminierung wegen des Alters, der sexuellen Orientierung, der Religion und Weltanschauung oder einer Behinderung beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen schützen. Sie enthält außerdem Bestimmungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland bereits unterzeichnet hat. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, das EU-Parlament und 27 EU-Mitgliedsstaaten unterstützen das Vorhaben grundsätzlich.
Deutschland lehnt als einziger EU-Staat eine solche Richtlinie ab, obwohl sie sich hierzulande aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vergleichsweise leicht umsetzen ließe. „Deutschland als größtem Mitgliedsland der Europäischen Union kommt eine besondere Verantwortung zu. Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet die Bundesregierung die Verhandlungen im Europäischen Rat über den Richtlinienentwurf blockiert und sich einer inhaltlichen Debatte verweigert, zu der 27 von 28 EU-Mitgliedsstaaten bereit wären“, heißt es in dem heute veröffentlichten Gemeinsamen Appell an die Bundesregierung.
Nicht überall in Europa sei der Schutz vor Diskriminierung so umfassend geregelt wie in Deutschland. In vielen Ländern dürfe Menschen mit Behinderung der Zugang zu Geschäftsräumen verweigert werden, Schwulen und Lesben ein Hotelzimmer, Menschen wegen ihres Alters ein Mietwagen oder Menschen wegen ihres jüdischen oder muslimischen Glaubens ein Mietvertrag für eine Wohnung.
„Es ist völlig unverständlich, dass Deutschland als einziges Land einen besseren Schutz vor Diskriminierungen für ganz Europa blockiert“, sagte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Weil für den Beschluss der Richtlinie die Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten erforderlich sei, behindere die Verweigerungshaltung der Bundesregierung des facto einen europaweit gleich starken Diskriminierungsschutz. „Viele von Benachteiligung und Ungleichbehandlung betroffene Gruppen bleiben dadurch schutzlos“, so Lüders.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt in seiner heutigen Pressemitteilung den Gemeinsamen Appell an die Bundesregierung, ihre Haltung zur neuen Gleichbehandlungsrichtinie zu ändern und den Weg für inhaltliche Verhandlungen freizumachen und sich für einen einheitlichen, starken Diskriminierungsschutz in der Europäischen Union einzusetzen.
Zu den Erstunterzeichnern des von deutschen und europäischen Antidiskriminierungsstellen, Verbänden und Nichtregierungsorganisationen getragenen Appells gehören unter anderem auch Amnesty International, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Frauenrat, der Lesben- und Schwulenverband Deutschland, Les Migras und der Sozialverband Deutschland.
(sho)
Quellen:
Gemeinsamer Appell an die Bundesregierung „Für einheitlichen Diskriminierungsschutz in Europa“
Meldung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom 23. Juli 2015
Pressemeldung des Deutschen Institus für Menschenrechte vom 23. Juli 2015
Entwurf 5. EU-Gleichbehandlungsrichtlinie