Bundestagswahl: „Es ist Zeit, den Reformstau in der Drogenpolitik aufzulösen!“
Sieben Fachorganisationen wenden sich mit Forderungen für die deutsche Drogenpolitik an die zukünftige Bundesregierung.
In einer gemeinsamen Erklärung stellen die Deutsche Aidshilfe, das Expert*innennetzwerk Schildower Kreis, akzept (Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik), der Deutsche Hanfverband, der Safer-Nightlife-Bundesverband SONICS, LEAP (Law Enforcement Against Prohibition) Deutschland und der JES-Bundesverband sechs Forderungen an die Drogenpolitik:
- vollständige Straffreiheit für den Besitz geringer Drogenmengen
- eine staatliche Regulierung des Markts für Cannabisprodukte
- eine Neufassung der Fahrerlaubnisverordnung und Straßenverkehrsordnung mit Bezug zu illegalen Drogen
- die Förderung von Schadensminimierung und der Akzeptanz Drogen konsumierender Menschen
- eine sinnvolle Besteuerung von Tabakprodukten, E-Zigaretten, Tabakerhitzern und Ähnlichem
- eine deutliche Stärkung der Verhältnisprävention bei Alkohol.
Durch die Entkriminalisierung des Besitzes geringer Mengen sowie eine umfassende Regulierung des Handels mit Cannabisprodukten sollten die Ressourcen der Polizei und Staatsanwaltschaft für wirklich strafrechtlich relevante Delikte genutzt und Risiken durch Streckmittel oder kriminelle Dealer*innen deutlich reduziert werden, so die Unterzeichner*innen. Außerdem könne der Staat Steuern einnehmen.
Langfristig müsse aber auch der Konsum anderer bisher illegaler Substanzen entkriminalisiert und der Markt reguliert werden, um Belastungen für die Konsument*innen wie die Gesellschaft zu minimieren.
Zentral: Entkriminalisierung, Regulierung, Schadensminimierung
Mit Blick auf die Fahrerlaubnisverordnung und Straßenverkehrsordnung kritisieren die Expert*innen, dass aktuell der Konsum von Betäubungsmitteln ohne Bezug zum Straßenverkehr zum Entzug der Fahrerlaubnis führen kann und zudem die Grenzwerte in Deutschland deutlich niedriger sind als in den Nachbarstaaten.
In Deutschland liegt die Schwelle bei einem Cannabis-Grenzwert von 1 Nanogramm THC pro ml Blutserum (das entspräche etwa 0,5 Nanogramm pro ml Vollblut), in Dänemark, Finnland, Frankreich und Griechenland bei 1 Nanogramm im Vollblut (entspräche etwa 2 Nanogramm im Serum), in Großbritannien, Tschechien und Polen bei 2 Nanogramm im Vollblut (entspräche etwa 4 Nanogramm im Serum).
Zentral für den Forderungskatalog der sieben Organisationen ist die Schadensminimierung für und die Akzeptanz von Drogengebraucher*innen. Entsprechende Maßnahmen sollten in der Praxis stärker anerkannt, rechtlich mit anderen Maßnahmen gleichgestellt und finanziell besser gefördert werden.
Benannt werden etwa der Ausbau von Angeboten zu kontrolliertem Konsum, der Ausbau der Substitutionsbehandlung und die Einrichtung von Drug-Checking-Stellen, in denen Substanzen auf die Art und Mengen der Inhaltsstoffe untersucht werden können.
(ascho/hs)
Die Gemeinsame Erklärung mit den zentralen Forderungen für die deutsche Drogenpolitik ist online abrufbar: https://schildower-kreis.de/gemeinsame-erklaerung/.