Coronabedingte Erleichterungen der Substitution sollen verlängert werden
Die Corona-Pandemie ist für Drogengebraucher*innen und Substituierte besonders belastend: Viele haben Grunderkrankungen und ein geschwächtes Immunsystem und sind deshalb besonders gefährdet. Der Gesetzgeber hat deshalb im April 2020 die Verschreibung, wohnortnahe Vergabe sowie Mitgabe von Substitutionsmitteln nach Hause vorübergehend erleichtert und die Substitutionsbehandlung als Notfallversorgung für bisher nicht Substituierte ermöglicht.
Diese in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verankerten Ausnahmeregelungen zur Substitutionsbehandlung während der Pandemie sollen nun in einem neuen Paragrafen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) festgeschrieben werden.
Einen entsprechenden Referentenentwurf hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur Kommentierung unter anderem an die Bundesärztekammer, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen sowie Fachverbände der Suchthilfe und an weitere Institutionen geschickt.
Darunter sind auch der JES Bundesverband und die Deutsche Aidshilfe, die die geplante Verordnung in ihren Stellungnahmen begrüßten.
„Insbesondere aus Gründen der Sicherheit vor Corona, aber nicht zuletzt auch zur besseren Planungssicherheit für Substituierte und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte“ plädiert der JES Bundesverband dafür, die Ausnahmeregelungen für die Substitutionsbehandlung wie vom BMG geplant zunächst bis zum 31. März 2022 zu verlängern.
Dazu gehören im Kern erweiterte Möglichkeiten der Take-Home-Vergabe und eine Patient*innenbetreuung inklusive Rezeptvergabe ohne persönlichen Praxisbesuch.
Die Erleichterungen der Substitutionsbehandlung haben sich bewährt
Diese Regelungen haben sich nach Ansicht von Dirk Schaeffer, Drogenreferent der Deutschen Aidshilfe, bewährt und haben auch weitergehende positive Auswirkungen.
„Durch die Verlagerung der persönlichen Kontakte von der Praxis zu Zoom, Skype, Telefon oder Videochat können Corona-Infektionsrisiken reduziert, die Qualität der Behandlung erhalten und zugleich Ressourcen für zusätzliche Substitutionspatient*innen geschaffen werden“, so Dirk Schäffer.
Wichtig sei, zukünftig noch stärker Partner*innen der Behandlung wie Apotheken, Drogenhilfen, psychosoziale Betreuung und ambulant betreutes Wohnen einzubeziehen.
Die Befürchtung, dass durch die erheblich erweiterte Take-Home-Verordnung Substitutionsmedikamente auf dem Grau- oder Schwarzmarkt landen könnten, haben sich laut dem DAH-Drogenreferenten nicht bestätigt.
Berechtigte Hoffnung auf Entfristung der Ausnahmeregelungen
Der BMG-Referentenentwurf sieht darüber hinaus neue Darreichungs- und Applikationsformen von Substitutionsmitteln vor. Im Fokus steht hier das erste Buprenorphin-Depotpräparat, das nur durch Ärzt*innen oder eingewiesenes Personal (subkutan) verabreicht werden darf.
„Mit dieser Erweiterung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung werden Erkenntnisse des medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritts an aktuelle und zukünftige Erfordernisse der Versorgungs- und Behandlungssicherheit angepasst“, betont Dirk Schäffer.
Zwar sollen die Ausnahmeregelungen zunächst nur für ein weiteres Jahr gelten, doch besteht laut Schäffer die berechtige Hoffnung, dass sie danach entfristet und Teil der Regelversorgung werden könnten. „Dies würde die Versorgungssicherheit stärken und die Möglichkeit eröffnen, dass auch in den Folgejahren der Anteil substituierter Menschen erhöht werden kann, selbst wenn die Zahl der behandelnden Ärzt*innen leicht abnehmen sollte.“
Als Verordnung muss der Änderung nicht vom Bundestag zugestimmt werden, es reichen Beschlüsse des Bundeskabinetts und des Bundesrates aus.
(ascho)
Beitrag mit Link zum Referentenentwurf und den Stellungnahmen der DAH und des JES Bundesverbandes:
https://www.jes-bundesverband.de/2021/01/fortsetzung-der-pandemiebedingten-ausnahmeregelungen-zur-substitution/