Wegweisendes Urteil: Juristischer Erfolg für bulgarische Sexarbeiterin

Einer bulgarischen Sexarbeiterin, die aufgrund der Corona-Maßnahmen ihrer Selbständigkeit nicht weiter nachgehen durfte, wurden in einem Präzedenzfall vom Hessischen Landessozialgericht Ansprüche auf Hartz-IV-Leistungen zugesprochen. 

Das Jobcenter und das Sozialgericht Darmstadt hatten zuvor argumentiert, dass die nicht ordnungsgemäß versteuerte Selbständigkeit kein Aufenthaltsrecht als niedergelassene Gewerbetreibende begründe und daher lediglich ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche geltend gemacht werden könne. 

Laut dem Hessischen Landessozialgericht kann sich die Unionsbürgerin jedoch aufgrund der Aufgabe ihrer Selbständigkeit im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auf ein privilegiertes Aufenthaltsrecht berufen und ist daher berechtigt, Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu beziehen. Dass die Antragstellerin bisher keine Steuerklärung abgegeben habe, mache ihre Tätigkeit keineswegs illegal. Sie erhält damit nicht nur die Leistungen vom Jobcenter, sondern verfügt nach vielen Jahren erstmals auch über eine Krankenversicherung.

Selbstständigkeit konnte glaubhaft gemacht werden

Maßgeblich für das Hessische Landessozialgericht war, dass die Sexarbeiterin Anforderungen nach dem Prostituiertenschutzgesetz (Inanspruchnahme der gesundheitlichen Beratungen, Besitz eines Ausweises u. ä.) in der Vergangenheit erfüllt habe und die tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden konnte. 

Im konkreten Fall hatte die Frau lange ohne durchgehende Anmeldung oder andere Nachweise ihres Aufenthalts in Deutschland gelebt. Seit Juni 2018 allerdings besaß sie einen Ausweis nach dem Prostituiertenschutzgesetz und arbeitete somit legal auf dem Straßenstrich in Frankfurt am Main. Ihre Selbständigkeit konnte durch die eidesstattliche Erklärung einer Kollegin sowie durch Bescheinigungen einer lokalen Beratungsstelle und des zuständigen Polizeihauptkommissars glaubhaft gemacht werden.

(ascho)

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