Corona: Berlin hebt Verbot der Sexarbeit auf

Schrittweise Lockerung: Ab 1.9. darf auch Geschlechtsverkehr wieder angeboten werden. Deutsche Aidshilfe: Die anderen Bundesländer müssen diesem guten Beispiel jetzt folgen.

Als erstes Bundesland hebt Berlin das im Zuge der Corona-Pandemie verhängte Verbot von Prostitution stufenweise wieder auf. Ab dem 8. August sind in der Hauptstadt sexuelle Dienstleistungen ohne Geschlechtsverkehr, wie sie etwa in Dominastudios angeboten werden, wieder erlaubt. Ab 1. September sollen dann unter strengen Auflagen auch wieder sexuelle Dienstleistungen mit Geschlechtsverkehr zulässig sein.

„Gesundheits- und frauenpolitisch geboten“

Im Hinblick auf die häufig sehr prekäre Lebenssituation von Sexarbeiter_innen erscheine es „aus gesundheits-, aber auch aus frauenpolitischer Sicht geboten“, auch für diesen Bereich über Lockerungsmaßnahmen nachzudenken, die ein legales Arbeiten ermöglichen, begründete die zuständige Senatsstelle für Gesundheit die Entscheidung. Es bestehe ansonsten die Gefahr, „dass die Betroffenen aufgrund wirtschaftlicher Notlagen in Abhängigkeitsverhältnisse geraten und im Verborgenen unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen ihrer Tätigkeit nachgehen.“

Gleichbehandlung und Sicherheit

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) hatte erst kürzlich gefordert, Sexarbeit wieder zuzulassen (Pressemitteilung). Denn die derzeitige Verdrängung in die Illegalität hat fatale Folgen: Menschen in der Sexarbeit brauchen ein sicheres Arbeitsumfeld mit fairen Regeln und rechtlicher Absicherung. Sexarbeit darf außerdem nicht anders behandelt werden als andere Dienstleistungen mit engem Körperkontakt, wie etwa in Frisier- oder  Massagesalons. Hygienekonzepte für den Bereich der Sexarbeit liegen vor.

„Wir begrüßen sehr, dass Berlin sich klar für Gleichbehandlung entschieden hat und den gesundheitspolitisch vernünftigen Weg einschlägt“, kommentiert Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe. „Die anderen Bundesländer müssen diesem guten Beispiel nun so schnell wie möglich folgen.“

Berlin ist bislang das einzige Bundesland, in dem die Einschränkungen für Sexarbeit grundsätzlich aufgehoben werden. Mehrere Nachbarländer Deutschlands haben das Corona-bedingte Sexkaufverbot bereits wieder aufgehoben: In Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Tschechien dürfen Sexarbeiter_innen wieder arbeiten.

Nach Aktionen in Hamburg, Köln und Berlin sind heute auch in Stuttgart Sexarbeiter_innen auf die Straße gegangen, um unter dem Motto „Rotlicht an!“ auf ihre Situation aufmerksam zu machen und gegen das Komplett-Verbot der Prostitution zu demonstrieren. Betreiber_innen von Prostitutionsstätten haben sich den deutschlandweiten Protesten angeschlossen.

(ascho/howi/sd)

 

Pressemitteilung des Berliner Senats

Pressemitteilung der Deutschen Aidshilfe

Pressemitteilung des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen