AIDS2016 - News-Ticker aus Durban

Vom 18. bis zum 22. Juli findet in Durban die 21. Internationale Aids-Konferenz statt. Motto: "Access Equity Rights Now"  - "Zugang für alle - Gerechtigkeit jetzt!".  Das Team der Deutschen AIDS-Hilfe berichtet hier aus Südafrika.

Fotoalben auf Facebook:

AIDS2016 - Der Anfang

AIDS2016 - Die Demo

AIDS2016 - weiteres Konferenzgeschehen

Aktion "Zugang für alle!" vor dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin

Foto-Aktion auf Facebook

 

22.07., 20:55 Uhr (Holger Wicht)

Die Deutsche Delegation verabschiedet sich aus Durban!

22.07., 18:44 Uhr (Holger Wicht)

Feierabend im Pressezentrum. Die Konferenz ist vorbei.

Unsere Pressemeldung zum Abschluss der Konferenz.

22.07., 12:14 Uhr (Florian Winkler-Ohm & Tanja Gangarova)

Gestern Abend, 19 Uhr: Feierabend im Global Village. Ab ins Taxi und auf zum Supermarkt. An der Theke gibt es frisches Gemüse und Fisch vom Grill. Wir haben Hunger und als wir an der Reihe sind fällt der Blick der Angestellten auf unser Konferenzschild: AIDS 2016 - Deutsche Delegation. Das Gesicht der Mitarbeiterin verfinstert sich: "Über was redet ihr da eigentlich auf der Konferenz? Unsere Kinder sterben nach wie vor."

Wir sind verdutzt und bevor wir antworten können kommt eine zweite Mitarbeiterin ums Eck mit den Worten: "Wo ist die versprochene Therapie - wieso bekommen wir sie nicht?"

Wir sind geschockt.

Um Worte ringend erklären wir zuerst, dass wir nicht für die Pharmaindustrie arbeiten. "Wir arbeiten für die Menschenrechte. Wir arbeiten für Menschen, die mit HIV leben." Der Blick der beiden verändert sich, ein Lächeln erscheint. Tanja stellt final klar: "Wir setzen uns für Menschen und gegen Rassismus ein." Rassismus - das ist das Wort, das alles verändert. Beide heben die Arme: "Rassismus! Genau das ist unser Problem!"

Es beginnt ein intensives Gespräch, dass uns bewegt. Vielleicht eines der bewegendsten Gespräche dieser Woche. Rassismus - dieser Aspekt wurde die ganze Woche kaum in einer der Veranstaltungen benannt. Tragisch, denn Rassismus prägt den Alltag, verhindert nach wie vor Millionen von Menschen den Zugang zu Medikamenten, Rassismus tötet. Noch immer.

Es ist an der Zeit darüber nachzudenken, wie HIV-Prävention und Rassismus zusammenhängen? Und mehr: Welche Folgen hat die bestehende Ignoranz dieses Problems langfristig für unsere Arbeit und unsere Gesellschaft? Es ist Zeit für ein Umdenken - weltweit. 

 

21.07., 18:11 Uhr (Florian Winkler-Ohm)

Diana wäre stolz gewesen: Sir Elton John und Prinz Harry begeistern die Jugend.

Sie sind wirklich da: Sir Elton John und Prince Harry. Sie begeistern rund 1000 Menschen - viele davon sind Jugendliche. Prinz Harry spricht rund acht Minuten und lässt in keiner Sekunde einen Zweifel daran, dass er nicht in die Fußstapfen seiner großartigen Mutter treten könnte:

"Keiner hat zu dem Zeitpunkt als meine Mutter einem Aids-Kranken die Hand gehalten hat geglaubt, dass wir diese Krankheit besiegen."

Diana hat darum gekämpft, ihr Sohn führt ihre Arbeit nunmehr fort und unterstützt die Arbeit der Elton John Foundation.

Die Stiftung des Musikers und Aids-Aktivisten unterstützt insbesondere HIV-positive Kinder, lädt sie zu Trainingscamps ein, um über die Infektion und Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und macht sie so zu Multiplikatoren.

Es ist endlich an der Zeit, dass sich kein Mensch mehr dafür schämt, HIV-positiv zu sein. „Stigma is the biggest killer" sagt der Musiker. Sir Elton John erzählt auch von seiner Freundin Diana: "Sie gab denen eine Stimme die keine hatten. Diana hatte ein Herz aus Gold". 

 

21.07., 14:14 Uhr (Matthias Kuske)

In einer sehr frühen Session wurden heute die Ergebnisse der Pre-Konferenz "Living 2016" für Menschen, die mit HIV leben, reflektiert.

Deutlich zu spüren waren die vielen offenen Fragen, die sich für die Selbsthilfe und Bewegungen der Menschen mit HIV aktuell ergeben: deutliche Budget-Kürzungen, das Primat medizinischer Themen, Kriminalisierung, Stigmatisierung  und fehlende Solidarität von außen - aber auch innerhalb der verschiedenen positiven Communities - die Liste der Herausforderungen ist lang.

Ist unsere Arbeit noch zeitgemäß? Sind wir zu brav und angepasst geworden als Bewegung? Wie bekommen Menschen, die sich heute infizieren, Zugang zu unseren Organisationen und werden selbst Leader?

Selbststigmatisierung und Menschenrechtsfragen bleiben kritische Punkte, die wieder verstärkt Bedeutung bekommen. Einfache Lösungen gibt es nicht. Wir brauchen mehr Diversity  und Solidarität untereinander in der Bewegung. Und wir brauchen wieder mehr Aktivisten.

Die Zeiten der freundlichen Politik sind vorbei, wir müssen uns wieder mehr Gehör verschaffen und klare Forderungen stellen. 0 - 0 - 0 muss unser Ziel sein, 90 - 90 - 90 reicht nicht. 0 Stigma, 0 Menschen ohne Zugang zu Behandlung, 0 Kriminalisierung und keine Neuinfektionen auf Grund von fehlenden Zugangsmöglichkeiten oder Ausgrenzung. Wir sind der Schlüssel - we are the key!

 

20.07., 17:48 Uhr  (Florian Winkler-Ohm)

Grindr, Gayromeo & Co: Die großen Gay-Dating-Portale präsentieren, wie sie sich HIV-Präventionsarbeit vorstellen. Die Dating-App-Branche hat nachgerüstet: Nicht nur in mehr Möglichkeiten wie beispielsweise Suchfunktionen über die sich HIV-Positive untereinander finden können, sondern auch in Beratungsangeboten und Kooperationen.
 
Ein guter Anfang. Aber reicht das alleine aus um zukünftig Präventionsarbeit zu leisten?
 
Redner Joshua G. Rosenberg von der Penn State University bestätigt in seiner Untersuchung zwar, dass schwule Männer, die Dating-Apps nutzen, eine höhere Bereitschaft zum HIV-Test mitbringen - jedoch zeigt seinen Studie auch, dass reine HIV-Apps und Einbindung von Präventionsinhalten beispielsweise kaum Anklang bei den Usern finden.
 
Die Zukunft der HIV-Prävention liegt nicht in einer Online-Kampagne. Sie liegt im Menschen.

Die Dating-Apps, die Tools des Internets können dabei ein Werkzeug sein. Die Beratungsmöglichkeiten von Mensch zu Mensch wird das nicht ersetzen. 

flosithiv.com gefällt das.

 

20.7., 16:32 Uhr (Holger Wicht)

Für morgen sind Elton John und Prince Harry angekündigt. Elton John war eben schon in einer Pressekonferenz zu erleben. Er hielt eine flammende Rede für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transmenschen (LGBT):
 
„Kein Mensch sollte zurückgelassen werden, egal welcher Hautfarbe, sexuellen Orientierung und welchen Glaubens. (...) Eines Tages wird es hoffentlich kein Stigma und HIV mehr geben“, sagte er.
 
Damit dieser Traum war wird, fördern die Elton John Foundation und das staatliche US-amerikanische HIV/Aids-Programm PEPFAR Antidiskriminuerungsarbeit von ‪LGBT-Projekten im südlichen Afrika und in der Karibik mit 10 Millionen Dollar. 
 
Das Geld aus dem speziellen LGBT-Fonds wird vom „Globalen Forum zu Männern, die Sex mit Männern haben und HIV“ (MSMGF) und der Internationalen HIV/AIDS-Allianz verwaltet und an communitynahe Projekte vergeben. Die Organisationen unterstützen die Umsetzung vor Ort.

 

20.07.,16:25 Uhr (Florian Winkler-Ohm)

flosithiv.com - ein positiver Blog live aus Durban

Mein Leben ist positiv. Als Journalist und Blogger begleite ich die Deutsche Delegation in dieser Woche auf ihrem Einsatz zur Welt-Aids-Konferenz in Durban.

Auf flosithiv.com berichte ich über Erlebnisse im Rahmen der Konferenz und lasse in meinen Videos, Bildern und Soundfiles auch über facebook.de/flosithiv die Menschen teilhaben, an dem was hier in Durban passiert.
 
Lasst uns gemeinsam daran arbeiten das Ziel dieser Konferenz zu erreichen: AIDS bis 2030 zu beenden. 

 

20.07., 12:43 Uhr (Tanja Gangarova)

Die Zahl der Menschen im Gefängnis beträgt weltweit 10 Millionen, jährlich betreten und verlassen 30 Millionen Menschen die Haftanstalten.
 
Screenings und Behandlung von Infektionskrankheiten sind für Menschen im Gefängnis nur selten zugänglich – nur 10 % der Drogengebrauchenden weltweit werden von Präventionsprogrammen erreicht. Die Zahlen der HIV- und Hepatitis-Infizierten sind unter Gefangenen überdurchschnittlich hoch. 

Spanien ist ein gutes Beispiel dafür, dass die HIV- und Hepatitis-Neuinfektionen mit Spritzenvergabe und Substitutionsbehandlung in Haft sowie Aufklärung und Peer Support Programmen deutlich reduziert werden können. 

Dr. John Bloomberg (School of Public Health, Baltimore/ USA) bringt es auf den Punkt, warum wir jedoch noch weiter denken sollten: “The most effective way of controlling infection in prisoners and the wider community is to reduce mass imprisonment of injecting drug users.”

Ein guter Grund für ein grundsätzliches Überdenken unserer  restriktiven Drogenpolitik.

 

19.7., 19:02 Uhr (Holger Wicht)

Manchmal reichen wenige Sätze, um alles zu sagen. Michael Weinstein, Präsident der AIDS Healthcare Foundation, hat das gerade sehr gut hinbekommen.

Weinstein  hat nur eine Folie in seiner Powerpoint-Präsentation: Sie zeigt die weltweiten jährlichen Ausgaben für Militär: 1,5 Billiarden Dollar. Die benötigten Mittel für Maßnahmen gegen HIV/Aids betragen 23 Milliarden pro Jahr - und kommen zurzeit nicht zusammen. 

Weinberg: "Das zeigt: Wir haben kein Geldproblem. Es mangelt an Willen."

Die zweite zentrale Aussage: Die Mehrheit der 35 Millionen Aids-Toten seit Beginn der Epidemie ist gestorben, als es die lebensrettenden Medikamente bereits gab. 

 

19.07., 18:12 Uhr (Armin Schafberger)

Zehntausende Säuglinge infizieren sich weltweit jedes Jahr über die Muttermilch mit HIV. Kann man sie in dieser Zeit durch eine PrEP schützen?

Solche Fragen werden erst an Affen untersucht, bevor man eine Studie mit Säuglingen macht. Egidio Brocca-Cofano aus Pittsburgh hat fünf Makakken-Babys den Rezeptor-Blocker Maraviroc verabreicht und sie dann oral SIV ausgesetzt.

SIV ist das Immunschwächevirus der Affen (S steht hier für simian) und ist dem HIV ähnlich, allerdings kann SIV besser als HIV auch andere als die geblockten Rezeptoren nutzen. Auch löst sich Maraviroc bei SIV nach Bindung leichter als von HIV. Es gibt also Unterschiede.

Ergebnis: In der Kontrollgruppe, die aus vier weiteren Affen bestand, infizierten sich alle Affen. In der Maraviroc-Gruppe drei von fünf. Kein guter Schutz. Damit stehen die Chancen schlecht, dass Maraviroc für die PrEP bei Säuglingen weiter erforscht wird.

 

19.7., 17:48 Uhr (Florian Winkler-Ohm)

An unserem Stand - der Deutschen AIDS-Hilfe - begrüßen Matthias und ich Menschen aus der ganzen Welt. Es herrscht großer Andrang im Global Village. Besucher lassen sich bei uns fotografieren mit dem Spruch: I AM THE KEY. 

Es geht um die KEY POPULATIONS - die Hauptbetroffenengruppen - über die so gern gesprochen wird. Doch wer sind diese Gruppen? 

Die Antwort ist simpel und dennoch so bedeutend: Wir!

Die Menschen mit HIV, Drogengebraucher_innen, Gefangene, Sexarbeiter_innen, Migrant_innen und viele mehr. 

Wir fordern, nicht über uns zu sprechen, sondern: mit uns. Seit über 30 Jahren kämpfen wir genau hierfür in Deutschland: Für unser Mitspracherecht, für unsere Beteiligung, für unser Leben.

Es geht um uns - um über 80.000 HIV-Positive in Deutschland. Wir sind der Schlüssel.

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19.7., 17:42 Uhr (Armin Schafberger)

Führt PrEP zu Resistenzen? Bei der vorbeugenden Einnahme von HIV-Medikamenten kommen die gleichen Substanzen zum Einsatz wie in der Therapie (das Präparat Truvada enthält Tenofovir und Emtricitabin). Kann das gut gehen oder werden Resistenzen ein Problem?

Robert Grant von der Universität in San Francisco wägt das Risiko von Resistenzen gegen den Nutzen von verhinderten HIV-Infektionen durch die PrEP ab. In die Rechnung werden Daten von sechs großen Studien (Partners, VOICE, TDF2, Bangkok, Fem-PREP und iPreX) einbezogen.

Das Risiko für eine Resistenz war mit 0,05% sehr gering: bei nur 5 von 9222 Personen mit PrEP kam es zur Resistenzbildung. Wenn man diejenigen Resistenzen noch abzieht, die schon bei Beginn der PrEP vorhanden waren, stehen 0 Resistenzen 54 verhinderten Infektionen durch die PrEP gegenüber. Die Studienteilnehmer waren also schon vor der PrEP mit resistenten HI-Viren infiziert – es kam unter PrEP zu keinen weiteren Resistenzbildungen.

Das Resultat ist für Bob Grant klar: hoher Nutzen bei geringen Resistenz-Risiken. Dazu kommt: Wenn man Infektionen verhindert, kann es auch keine Resistenzen geben. Die Herausforderung besteht darin, eine bereits bestehende frische Infektion bei PrEP-Start zu erkennen. Dazu empfiehlt er die Untersuchung auf Symptome, Kombinationstests und einen Nukleinsäurenachweis (PCR-Test, schlägt früher an als der normale HIV-Antikörpertest).

 

19.7., 11:48 Uhr (Tanja Gangarova)

„Wir sind bereit für Entkriminalisierung!“ - lautete die Botschaft des Liedes, das mutige Sexarbeits-Aktivist_inen gestern dem stellvertretenden südafrikanischen Minister für Justiz,  John Jeffery, bei der Vorstellung der südafrikanischen HIV-Strategie für Sexarbeiter_innen, vorgesungen haben. 

HIV-Medikamente zur Behandlung und zur Vorbeugung (PrEP) sind unverzichtbar, werden aber nicht die Gewalt gegen Sexarbeter_innen und ihre Stigmatisierung beenden, die gesetzlich vorprogrammiert ist: Sexarbeit ist in Südafrika illegal.

Die Aktion der Aktivist_innen erinnerte an die tausenden Sexarbeter_innen, die in Folge des Kriminalisierungsgesetzes ermordet worden sind.  Weltweit ist es mittlerweile klar, dass die Entkriminalisierung von Sexarbeit der einzig richtige Weg ist, Sexarbeiter_innen vor Gewalt zu schützen und HIV-Prävention erfolgreich zu gestalten.

Wie viele Sexarbeiter_innen müssen noch in Südafrika ermordet werden, bis dieses aus der Apartheid-Ära stammende Gesetz geändert wird?

Worum es dabei geht, machten die Sexarbeiter_innen unmissverständlich klar: „Wir sind hier, um für unser Leben zu kämpfen!“

 

19.7., 10.30 Uhr (Holger Wicht)

Hoch emotionaler Moment bei der morgendlichen Plenarsitzung. Es spricht Edwin Cameron, offen schwuler und positiver Verfassungsrichter Südafrikas und Aktivist, den Nelson Mandela als einen der "neuen Helden Afrikas" bezeichnet hat. 

Cameron hält einen kraftvollen Vortrag über Vergangenheit und Zukunft des Kampfes gegen HIV und Aids, ein Plädoyer für den Zugang zur HIV-Therapie aller Menschen, gegen Stigmatisierung und für die Menschenrechte der am stärksten betroffenen Gruppen. "Wir bitten nicht um Toleranz", sagt er. "Wir fordern unser Recht ein, zu leben, wie wir sind."

Am Schluss erzählt er von seinem Patensohn, den er mit seinem Partner aufgenommen hat. Sello Andy Morobi war damals 12, seine Eltern an Aids gestorben, er selbst war HIV-positiv und erhielt keine Medikamente.  "Und schauen Sie, wer jetzt hier neben mir steht!", sagt Cameron, während ein groß gewachsener junger Mann neben ihn ans Redepult tritt. Auf den großen Leinwänden, über die sonst Statistiken und Videos über medizinische Versorgung flimmern: Familienbilder.

"Schämst du dich, weil du HIV-positiv bist?", fragt Cameron seinen Ziehsohn.

"Dann würde ich nicht hier stehen!", sagt der junge Mann, ein Nachwuchsaktivist in den Fußstapfen seines berühmten Vaters.

Der widmet zum Abschluss die Konferenz den Schwulen, den Sexarbeiter_innen, den Trans*-Menschen, den Frauen und allen anderen Menschen, die in besonderem Maße von HIV betroffen sind. Er ruft die Aktivist_innen im Saal auf die Bühne und sie beschließen das erste Plenum mit einer Spontandemonstration: "Wir haben ein Virus. Wir sind nicht kriminell. Stoppt die Kriminalisierung jetzt!"

 

19.7., 9:38 Uhr (Holger Wicht)

Eine Forderung ist hier überall präsent, in Redebeiträgen, auf Demonstrationen, in Pressemitteilungen: „Fully fund the Global Fund!“

Der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria finanziert viele der weltweiten Maßnahmen gegen die HIV/Aids-Epidemie – und wird seinerseits von den Ländern der Welt finanziert. Die reicheren Länder leisten hier einen unverzichtbaren Beitrag für Behandlung und Prävention in wirtschaftlich schwächeren Ländern.

Bei einer „Wiederauffüllungskonferenz“ für die nächsten drei Jahre sollen im September in Montreal (Kanada) 13 Milliarden Dollar zusammenkommen – eine Milliarde mehr als in der letzten Runde. So will man den aktuellen Herausforderungen gerecht werden und Fortschritte Richtung Ende der Epidemie machen, statt zu erleben, wie Infektions- und Todeszahlen wieder steigen.

Die Finanzierung des Globalen Fonds droht jedoch einzubrechen: Manche Länder haben ihre Beiträge aus  wirtschaftlichen Gründen gekürzt, ein ungünstiger Wechselkurs vieler Währungen zum Dollar verringert den Wert gleichbleibender Beiträge.

Einige Länder – zum Beispiel Japan und Italien – haben bereits zugesagt, ihre Beiträge zu erhöhen. Deutschland muss dem nun dringend folgen und damit ein Beispiel für weitere Länder geben!

 

18.7., 20:31 Uhr (Holger Wicht)

Der ehemalige südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu wird per Videobotschaft eingespielt. "Die Bedürftigsten bekommen oft die geringste Aufmerksamkeit", stellt er fest. Und mit Blick auf die weltweiten Anstrengungen gegen die HIV/Aids-Epidemie an die Versammelten: "Don't stop now!" 

Dann fordert er die Versammlung zum gemeinsamen Beten auf. Leider versagt nach paar Sätzen die Technik und Tutu verschwindet vom Bildschirm. Aber die Botschaft ist angekommen. 

 

18.7., 19:46 Uhr (Holger Wicht)

Die südafrikanische Oscar-Preisträgerin Charlize Theron eröffnet die 21. Internationale Aids-Konferenz. Und wie! 

"Es ist Zeit anzuerkennen, dass wir in einer furchtbar ungerechten Welt leben.Die Wahrheit ist, dass wir jedes Werkzeug besitzen, um diese Epidemie zu beenden. (...) Fragen wir uns selbst: Warum habe nwir diese Epidemie noch nicht besiegt? Weil wir nicht wollten?"

Sie zählt Hindernisse auf: "Liegt es daran, dass Aids zu stark stigmatisiert ist? Dass die Maßnahmen zu kompliziert sind, zu teuer?" Und sie antwortet darauf: "Das sind alles keine Antworten, das sind Entschuldigungen!"

Dann der zentrale Satz: "HIV wird nicht  nur durch Sex übertragen, sondern durch Sexismus, Rassismus und Homophobie!" Der Saal applaudiert und johlt euphorisch.

Theron spricht unverkennbar von Herzen, will aufrütteln.  Es ist ihr gelungen. Eine Rede, von der man noch lange reden wird.
 

18.7., 19:40 Uhr (Holger Wicht)

Eröffnung der 21. Internationalen Aids-Konferenz in einem Saal mit vielen Tausend Menschen. 5.000? 10.000? Egal. Es ist ein riesiger Saal voller Menschen in freudig gespannter Atmosphäre.

Nelson-Mandela-Enkel Kweku Mandela macht den Anfang, erinnert daran, wie hier vor 16 Jahren sein Großvater gesprochen hat. Damals hat der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki noch geleugnet, dass HIV die Ursache von Aids ist. Mehr als 300.000 Menschen starben  aufgrund dieser fatalen Ignoranz. Von Durban ging ein historisches Signal aus, das die Wende brachte.

Es ist Nelson-Mandela-Day, der Geburstag des großen Befreiungskämpfers. Alle denken hier heute an ihn. "Er hat alles verändert in unserem Land", sagte heute morgen unser schwarzer Taxi-Fahrer.

Der südafrikanische Verfassungsrichter Edwin Cameron - offen schwul und HIV-positiv - hat schon am Vormittag in einer Pressekonferenz daran erinnert, was die Maxime Mandelas war: "Nothing about us without us." Es ist auch einer der wichtigsten Grundsätze der HIV-Community. Mandela  sei ein Unterstützer von Schwulen und Lesben gewesen und hätte ganz sicher auch die Trans-Bewegung unterstützt, die sich jetzt immer lauter bermerkbar macht.

Ein Freiheitskämpfer in jeder Hinsicht, so stellt Cameron ihn dar. Und in diesem Geist wird hier die 21. Internationale Aids-Konferenz eröffnet. Am Nelson-Mandela-Day. Gänsehaut.

 

18.7., 16:30 Uhr (Holger Wicht)

Auf Facebook sind jetzt Foto-Alben vom ersten Konferenztag zu sehen.

AIDS2016 - Der Anfang

AIDS2016 - Die Demo

Aktion "Zugang für alle!" vor dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin

 

18.7., 15.00 Uhr (Florian Winkler-Ohm)

Tausende Menschen nehmen gerade an der Demo zum Auftakt der Welt-Aids-Konferenz in Durban/Südafrika teil. Sie gehen – wie wir – auf die Straße um lautstark daran zu erinnen: Aids tötet noch immer. Wir fordern einen weltweiten Zugang zu Medikamenten für jeden Menschen.

„Gebt die Hoffnung nicht auf, Afrika“ und „Haltet die Versprechen für Afrika!“ steht auf den Plakaten, wieder andere erinnern die europäischen Länder mit Botschaften wie „Don´t Brexit the Aids response“ daran, gerade jetzt nicht die Finanzierung zum Global Fund zu kürzen.

Es ist ein großartiges Gefühl hier mit vielen anderen Menschen für die richtige Sache zu demonstrieren. Es wird gesungen, getanzt: Südafrika hat auf diese Konferenz gewartet. Die Themen HIV & Aids sind hier so unglaublich erschreckend präsent, dass einem jegliche Dimenson dafür in Europa fehlt.

Wöchentlich infizieren sich allein in Südafrika 10.000 Menschen mit HIV – überwiegend Frauen, viele davon in der Folge von sexueller Gewalt.

Florian bloggt über die konferenz auf https://flosithiv.com. Dort sind auch Bilder von der Demonstration zu sehen.

 

18.7., 12:50 Uhr (Holger Wicht)

Die Konferenz hat begonnen. Während die feierliche Eröffnung erst heute Abend stattfindet, haben die unzähligen Workshops und Vorträge begonnen. Mehr als 18.000 Menschen aus Forschung, Politik, Prävention, Gesundheitssystemen und Selbsthilfe kommen hier nach Angaben der Veranstalter in Durban bis Freitag zusammen, um sich über Neuigkeiten auszutauschen und über Maßnahmen gegen die globale HIV-Epidemie zu beraten.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ist vor Ort und hat heute morgen bei einer Pressekonferenz allen Menschen mit HIV seine "starke Solidarität" versichert, er setze sich ein für "Gerechtigkeit für Menschen mit HIV überall". Es gelte, die Lücken zu schließen, die verhindern, dass Menschen Zugang zu HIV-Prävention und Behandlung haben und die besonders stark betroffenen Gruppen würdevoll zu behandeln. "Als Weltgemeinschaft müssen wir schnell und entschieden die Ziele erreichen, die diese Epidemie beenden können", betonte Ban.  Es seien größere Anstrengungen als bisher nötig, damit Erfolge nicht wieder verloren gingen. 

Ban fügte hinzu, in seiner zehnjährigen Amtszeit, habe er einige seiner bewegendsten Begegnungen mit HIV-positiven Menschen erlebt.  

Ein starkes Statement!

 

17.7., 20 Uhr (Holger Wicht)

Das Global Village ist eröffnet! In diesem Bereich der Konferenz haben die Selbsthilfeorganisationen und die zivilgesellschaftlichen Organisationen ihre Stände, präsentieren sich und ihre Arbeit. Während das Konferenzgeschehen insgesamt eher gesetzt abläuft, steppt hier der Bär.

Genauer gesagt: Hier tanzen afrikanische Jungs mit HIV in traditionellen Trachten, Theatergruppen machen Songs, deren Texte nur aus Körperflüssigkeiten bestehen und natürlich halten Aktivist_innen schwungvolle politische Reden.

Hier ist es zu besichtigen, das pralle und authentische Leben von Menschen mit HIV, schwulen Männern, Trans*-Menschen, Sexworkern und Drogengebrauchern und von vielen anderen aus allen Ländern der Welt. Es gibt Foto-Mitmachaktionen, kunst- und liebevoll  gestaltete Stände, Networking-Zonen mit angeregeten Diskussionen.

Die Eröffnungsveranstaltung wurde moderiert von Kami, der HIV-positiven Figur aus der südafrikanischen Sesamstraße. Ja, so etwas gibt es, in einem Land mit sieben Millionen HIV-positiven Menschen (jeder fünfte Erwachsene, 240.000 Kinder, mehr als zwei Millionen Aids-Waisen).

Die Stimmung im Global Village ist ausgelassen, kraftvoll, solidarisch, fröhlich. Es tut gut, hier wieder dabei zu sein. Hier kann man Kraft tanken für Jahre!

Der Stand der Deutschen AIDS-Hilfe steht. Demnächst mehr dazu.

 

16.7., 16 Uhr (Matthias Kuske)

Gute Aktion des MSMGF (Globales Forum der Männer, die Sex mit Männern haben): Es verteilt rote Karten, die man hochhalten kann, wenn jemand auf der Konferenz aus der Community-Sicht „Bullshit“ (Zitat) erzählt. Aufschrift: „Gebrochene Versprechen töten! Schluss mit der Rhetorik, Schluss mit der heißen Luft!“

Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Vorkonferenzen: Die Communitys wollen und sollen sich die Hoheit über ihre Themen zurückholen.

In der Schlussrede der Vorkonferenz hielt der bekannte schwule afrikanische Aktivist Bisi Alimi eine sehr starke Rede. Er betonte, dass die LGBT*I in Afrika diejenigen sind, die selbst am besten wissen, was sie benötigen und sich dafür unermüdlich einsetzen - in der Regel ehrenamtlich. Aber auch Aktivisten müssen von etwas leben und deswegen für ihre Arbeit entlohnt werden.

Bisi Alimi sprach eine sehr deutliche Aufforderung an die Geberländer aus, die internationale Maßnahmen gegen HIV/Aids finanzieren: Sie sollen denjenigen die Macht geben, die sich auskennen - den Aktiven Vor-Ort – statt ihnen eigene Konzepte überzustülpen.

 

16.7., 14 Uhr (Holger Wicht)

„Unterwegs zur HIV-Heilung“ ist der Titel der ersten Pressekonferenz und einer Vorkonferenz der Internationalen Aids-Gesellschaft. Führende Forscher_innen, darunter die HIV-Mitentdeckerin Françoise Barré-Sinoussi, geben einen Überblick über den Stand der Dinge.

Während vor vier Jahren in Washington Aufbruchsstimmung herrschte, schlagen die Forscher_innen nun leisere Töne an. Tenor: Es ist eine große Herausforderung, es wird noch lange dauern. Auf die Frage, wann Heilung möglich sein wird, sagt der renommierte US-amerikanische Virologe Anthony Fauci: „Ich kann ihnen nicht sagen, wann, denn wir wissen nicht ob.“

Es gehe nicht nur darum, einen Weg zu finden, sondern die Methode dürfe auch nicht mehr Schaden anrichten als die bereits verfügbaren Medikamente und das dauerhafte Leben mit HIV, betont Fauci. Das ist zum Beispiel bei gentherapeutischen Ansätzen nicht selbstverständlich.

Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, berichtet demnächst ausführlich auf magazin.hiv.

 

16.7., 11.30 Uhr (Holger Wicht)

Das Mediencenter, wo diese Zeilen entstehen, ist spektakulär: Aus Platzgründen hat man einfach die Tiefgarage des Kongresszentrums mit Teppichen, Tischen und Computern ausgestattet und ein paar Grünpflanzen aufgestellt. Dass es sich tatsächlich um eine Parkgarage handelt, wird mir klar, als ich  mir einen Kaffee ziehen will, der Automat aber nur Parktickets im Angebot hat.

 

16.7., 11 Uhr (Holger Wicht)

Ankunft am International Congress Center in Durban. Erster Eindruck: Weitläufig. Unübersichtlich. Heerscharen von freiwilligen Helfern in orangen AIDS2016-T-Shirts weisen uns den Weg zu großen weißen Zelten, wo wir registriert und fotografiert werden und schließlich unsere Konferenzausweise erhalten. Alle Helfer_innen sind unglaublich nett – sie wissen allerdings auch nicht immer, wo’s langgeht.

Einige von uns haben bereits gestern Abend eingecheckt, denn die ersten Vorkonferenzen beginnen schon morgens um 8:30 Uhr. Es gibt unzählige, und die Themen sind vielfältig: Prävention für schwule Männer, Leben mit HIV, Kriminalisierung von Menschen mit HIV, die Schutzwirkung der Medikamente („Behandlung als Prävention“), Heilung – um nur einige zu nennen (hier gibt’s die vollständige Liste: http://www.aids2016.org/Programme/Pre-conference-programme)