Vereinte Nationen zu HIV/Aids: Gebremster Fortschritt
Aids-Epidemie soll „auf der Überholspur“ beendet werden. Menschenrechte und Einbindung von Schlüsselgruppen sind unverzichtbare Bedingung. Deklaration bleibt halbherzig. Deutsche AIDS-Hilfe: Deutschland muss jetzt seinen Beitrag erhöhen
Die Vereinten Nationen wollen ihr Engagement gegen Aids ausweiten, um die bisherigen Erfolge zu sichern und die Epidemie bis 2030 zu beenden. Das haben die Mitgliedsstaaten heute zum Auftakt des UN-High-Level-Meetings zu HIV/Aids in New York in einer politischen Deklaration bekräftigt.
Zuvor hatte es um die Inhalte der Deklaration bis zum Schluss ein heftiges Tauziehen gegeben, weil einige Länder, vor allem Russland, bestimmte Aussagen zu den Themen Sexualität und Drogenkonsum nicht mittragen wollten.
Die Vereinten Nationen erklären erstmals ausdrücklich, dass bestimmte von HIV betroffene Gruppen als „Schlüsselgruppen“ besonderer Unterstützung bedürfen, nämlich Männer, die Sex mit Männern haben, und Trans*-Personen, intravenös Drogen konsumierende Menschen, Sexarbeiter_innen und Menschen in Haft. Die Deklaration macht deutlich: Die Menschenrechte dieser Gruppe sind zu achten, sie müssen vor Diskriminierung geschützt werden und haben ein Recht auf geeignete Präventionsmaßnahmen.
Dazu sagt Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen AIDS-Hilfe:
„Dass die Menschenrechte in dieser Form als Grundlage der Prävention benannt werden, war überfällig. Auf diese Deklaration kann man sich nun überall auf der Welt berufen. Das ist ein wichtiger Erfolg für die von Ausgrenzung und Verfolgung betroffenen Menschen und das Engagement gegen HIV und Aids weltweit.“
Die Deklaration lässt allerdings, wie bei UN-Beschlüssen üblich, Schlupflöcher offen. So gelten die Inhalte ausdrücklich nur, sofern sie nicht durch nationale Gesetze ihre Grenzen finden. Diese können sinnvolle Prävention weiter unmöglich machen, etwa wenn man nicht offen über Homosexualität sprechen darf oder Drogenkonsumenten massiv verfolgt werden, statt ihnen saubere Spritzen zur Verfügung zu stellen.
Beteiligung statt Ausschluss
„Um wirklich erfolgreich zu sein, müssen die besonders betroffenen Gruppen alle Maßnahmen auf Augenhöhe mitgestalten können“, erklärt Silke Klumb. „Dies in einer solchen Erklärung zu verankern, war zu unserem großen Bedauern in der aktuellen politischen Situation nicht möglich. Damit wird das Engagement gegen HIV und Aids auf der Überholspur ausgebremst.“
Noch stärkere Einschränkungen, wie etwa Russland sie gefordert hatte, waren in den Verhandlungen im Vorfeld verhindert worden. Nicht rückgängig gemacht werden konnte hingegen der Ausschluss von zahlreichen Organisationen aus den genannten Bereichen – großteils auf Betreiben muslimischer Länder.
„Der Ausschluss von Mitstreitern aus Selbsthilfe und Zivilgesellschaft darf sich auf keinen Fall wiederholen“, betont Silke Klumb. „Ihr Engagement ist integraler Bestandteil der weltweiten Anstrengungen gegen HIV und Aids. Nur alle zusammen können wir erfolgreich sein!“
Epidemie beenden bis 2030
Um die Aids-Epidemie „auf der Überholspur“ bis 2030 zu beenden, wollen die Vereinten Nationen bis 2020 die Zahl der Neuinfektionen weltweit drastisch reduzieren. 90 Prozent der Menschen mit HIV sollen von ihrer Infektion wissen, 90 Prozent davon HIV-Medikamente erhalten und bei wiederum 90 Prozent davon soll HIV nicht mehr nachweisbar sein.
Um diese Ziele zu erreichen, soll der Etat für Maßnahmen in Entwicklungsländern von19 auf 26 Milliarden Dollar pro Jahr erhöht werden. Der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria soll von 2017-2019 13 Milliarden erhalten. 25 Prozent aller weltweit gegen HIV/Aids eingesetzten Mittel sollen für Prävention verwendet werden.
Silke Klumb: „Die Erhöhung der Mittel ist dringend notwendig, um weiter erfolgreich zu sein und noch mehr Menschen zu retten. Auch Deutschland muss jetzt seiner Verantwortung gerecht werden und seiner Wirtschaftsleistung entsprechend die Beiträge für den Globalen Fonds deutlich erhöhen, ebenso die Beiträge zur unterfinanzierten Organisation UNAIDS.“