NRW: Deutsche AIDS-Hilfe in FDP-Anfrage falsch zitiert
In einer Kleinen Anfrage an die nordrheinwestfälische Landesregierung befassen sich die FPD-Abgeordneten Susanne Schneider und Ulrich Alda unter anderem mit der Frage, inwiefern HIV-Medikamente ein geeigneter Schutz vor einer Übertragung des Virus sein können.
Dabei wird die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) sinnentstellend zitiert. Um ein falsches Verständnis dieses komplexen Themas zu vermeiden, möchten wir einige Punkte richtigstellen.
Kondome schützen - HIV-Therapien ebenfalls
Die Abgeordneten Schneider und Alda schreiben: „Die AIDS-Hilfe erklärt (…) auf ihrer Webpräsenz, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit STD (z.B. HIV, Chlamydien, HPV, Syphilis, Trichomonaden, Herpes und Hepatitis B) für alle sexuell aktiven Personen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung unerlässlich ist: ,Kondome schützen vor HIV und senken das Risiko einer Ansteckung mit sexuell übertragbaren Infektionen (…).‘“
Mit diesem Zitat unterstellen die Abgeordneten, Kondome seien nach Auffassung der DAH die einzige Art und Weise, beim Sex verantwortungsbewusst mit Infektionsrisiken umzugehen und der Verzicht auf Kondome sei per se verantwortungslos. Das ist nicht zutreffend. Vor einer HIV-Übertragung schützt eine gut wirksame HIV-Therapie mindestens genauso zuverlässig wie Kondome. Für die anderen genannten Infektionen gilt: Kondome reduzieren das Risiko, eine Übertragung ist aber trotzdem möglich. Diese Infektionen sind zum Glück heilbar.
Die Deutsche AIDS-Hilfe informiert Menschen über Risiken und Schutzmöglichkeiten, damit sie eine aufgeklärte, eigenverantwortliche Entscheidung über ihr Verhalten treffen können. Die bewertende Aussage, der Verzicht auf Kondome sei verantwortungslos, hat die DAH nicht getroffen.
HIV-Positive können Schutz durch Therapie praktizieren
Schneider und Alda zitieren außerdem aus den „Häufig gestellten Fragen“ zu Schutz durch Therapie auf aidshilfe.de:
„HIV-Negative und Ungetestete müssen darüber mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin reden und sind darauf angewiesen zu vertrauen. Ob ein entsprechendes Vertrauensverhältnis besteht, muss jeder Mensch im Einzelfall für sich entscheiden. Bei flüchtigen sexuellen Begegnungen ist das sicher meist schwierig, bei engeren Bindungen ist es eher möglich. Wir empfehlen, bei Unsicherheiten Kondome zu verwenden. Auf das Kondom verzichten sollten Paare nur, wenn beide gut informiert sind und sich mit der gemeinsamen Entscheidung wohl fühlen.“
Sie folgern daraus, ein Verzicht auf Kondome sei nach Aussage der Deutschen AIDS-Hilfe nur in festen Partnerschaften möglich. Diese Aussage hat die DAH ebenfalls nicht getroffen.
Die zitierte Passage bezieht sich auf die Situation HIV-Negativer, die mit einem HIV-positiven Partner auf Kondome verzichten möchten. Die Deutsche AIDS-Hilfe rät zum Kondomgebrauch, wenn man nicht einschätzen kann, ob der Partner wirklich eine gut wirksame HIV-Therapie einnimmt. Zugleich gilt: Ein HIV-Positiver, der weiß, dass er HIV aufgrund seiner Therapie nicht übertragen kann, handelt beim Sex ohne Kondom mit Gelegenheitspartnern nicht verantwortungslos. Er weiß, dass sein Partner geschützt ist.
Jeder trägt selbst Verantwortung
Zudem liegt die Verantwortung für Schutz nicht allein bei HIV-positiven Menschen, sondern auch bei HIV-negativen Partnerinnen und Partnern. Die wichtigste Botschaft der HIV-Prävention lautet: Jeder Mensch kann und muss selbst für seinen Schutz sorgen.
Anlass der Kleinen Anfrage der FDP waren Äußerungen eines HIV-positiven jungen Mannes auf Facebook, er könne aufgrund seiner Therapie beim Sex auf Kondome verzichten. Als Sprecher des Schulaufklärungsprojektes SchLAu NRW geriet er damit in die Kritik.