„Er war ein wirklich zäher Kämpfer“

Er hat Grenzen überschritten und war nicht immer bequem. Nun ist der Aktivist überraschend im Alter von 55 Jahren gestorben.

1997 wurde Rüdiger H. Kriegel in den Vorstand der DAH gewählt und investierte in den vier Jahren seiner Amtszeit viel Zeit und Herzblut in die Weiterentwicklung des Verbandes. „Ich habe ihn als sehr politischen und international orientierten Menschen in Erinnerung. Er hat keine Rede beendet, ohne zu sagen, wie viele Menschen in seiner Redezeit auf der Welt an Aids verstorben sind“, erklärt Beate Jagla, die von 1998 bis 2001 seine Kollegin im DAH-Vorstand war.

Rüdiger Kriegel, geboren 1960 und im Sauerland aufgewachsen, war zum Studium nach Dortmund gezogen und dort unter anderem ehrenamtlich in einer Jugendbildungsstätte und im Vorstand eines schwulen Vereins sowie der AIDS-Hilfe Dortmund aktiv.

Wegen seiner HIV-Erkrankung stieg er 1995 aus einem von ihm mitgegründeten und -geleiteten Unternehmen aus und zog nach Berlin. Zwei Jahre zuvor hatte er bei der Münchner Bundespositivenversammlung erstmals Kontakt zur HIV-Selbsthilfebewegung. Kurz danach gehörte er bereits zum Organisationsteam der Bundespositivenversammlungen in Köln und Leipzig.

1996 wurde er in den Vorstand der Berliner Aids-Hilfe gewählt. Ab 1997 wirkte er beim Aufbau von KIAD mit, einer mit Pharmaunternehmen kooperierenden Initiative, die sich die Beteiligung HIV-Positiver an der Aids-Forschung in Deutschland auf die Fahnen geschrieben hatte. Sie waren schließlich diejenigen, um die es ging.

„Er war ein wirklich zäher Kämpfer, auch für die Interessen von Menschen mit HIV. Aufgeben schien für ihn keine Option zu sein. Grenzen waren nur dazu da, um sie zu überschreiten“, erinnert sich Beate Jagla, Leiterin der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW. „Für seine Umwelt war das nicht immer bequem. Andererseits haben seine Kraft und Unbedingtheit immer geholfen, voranzukommen.“

Ein für Rüdiger H. Kriegel besonderer Meilenstein war die Verabschiedung der „Genfer Prinzipen“ auf der Welt-AIDS-Konferenz 1998. Mit dieser Richtlinie wurde erstmals die Beteiligung der Community auf allen Ebenen der Konferenz festgeschrieben.

Im Folgejahr wurden diese Grundsätze auch vom Deutschen AIDS-Kongress in Essen übernommen. Kriegel hat die Bedeutung der „Genfer Prinzipen“ in seinen Reden und Texten immer wieder hervorgehoben. „Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit sind die einzige Chance, dieser (...) Pandemie wirkungsvoll zu begegnen", betonte er in seinem Vorwort zum DAH-Jahresbericht 1998.

Innerhalb der DAH setzte er sich daher auch in besonderem Maße für die Stärkung der Verbandsdemokratie ein und half unter anderem, den Delegiertenrat mit auf den Weg zu bringen. In dem Gremium waren neben den Aidshilfen auf regionaler und Landesebene auch die Netzwerke der Selbsthilfe mit Sitz und Stimme vertreten.

(sho)