HIV-Medikamente zur Vorbeugung verfügbar machen
HIV-Medikamente können HIV-negative Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen.
Zwei Studien, die auf der weltweit wichtigsten medizinischen HIV-Konferenz CROI in Seattle vorgestellt wurden, belegen erstmals eine zuverlässige Wirkung der sogenannten Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) bei schwulen Männern mit hohem HIV-Risiko.
Dazu sagt Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
„Das sind gute Nachrichten: Mit der PrEP steht uns eine weitere Möglichkeit offen, HIV-Infektionen zu verhindern. Es kommt nun darauf an, die Methode für die Menschen verfügbar zu machen, denen sie helfen kann, HIV-negativ zu bleiben.“
Hohe Schutzwirkung im Alltagsleben
Die PROUD-Studie hat untersucht, wie gut das Medikament Truvada bei dauerhafter Einnahme vor einer HIV-Infektion schützt. Die IPERGAY-Studie ermöglichte ihren Teilnehmern, das Präparat anlassbezogen für einige Tage zu nehmen. Beide Studien belegen den gleichen Schutzeffekt von mindestens 86 Prozent.
In bisherigen Studien hatte die PrEP sehr viel schlechter gewirkt, weil die Teilnehmer die Medikamente nicht regelmäßig einnahmen. „Die neuen Studien zeigen nun, dass die PrEP unter den Bedingungen des Alltagslebens funktioniert“, sagt Hentschke-Kristal.
Eine dauerhafte Einnahme kommt dabei vor allem für eine kleine Gruppe von schwulen Männern in Frage, die ein sehr hohes HIV-Risiko haben, zum Beispiel, weil es ihnen aufgrund ihrer Lebensumstände schwerfällt, sich mit Kondomen zu schützen. Diesen Männern kann man nun trotzdem eine wirksame Methode anbieten.
Die anlassbezogene PrEP für einige Tage – etwa ein verlängertes Wochenende – könnte für eine etwas größere Gruppe geeignet sein, denn sie kann an die Lebensumstände angepasst werden, ist nicht so aufwendig und kostet weniger.
Kein Ersatz für Kondome
Die PrEP soll dabei Kondome und andere Präventionsmethoden keinesfalls ersetzen, sondern stellt eine zusätzliche Schutzmöglichkeit für einige Gruppen dar, die noch genauer definiert werden müssen.
Da nun klar ist, dass die PrEP wirkt, fordern zahlreiche europäische Organisationen aus dem HIV-Bereich, darunter die Deutsche AIDS-Hilfe, Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko einen Zugang zu dieser Schutzmethode zu verschaffen. Dabei wird sich vor allem die Frage nach der Finanzierung stellen: Eine Monatspackung Truvada kostet zurzeit in Deutschland mehr als 800 Euro.
DAH-Vorstand Hentschke-Kristal: „Wir möchten hier gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung finden – von der Politik und den staatlichen Institutionen über die Fachgesellschaften und Krankenkassen bis zur Pharmaindustrie. Was Infektionen verhindert, muss auch zum Einsatz kommen. Die PrEP kann manchen Männern in bestimmten Lebensphasen dabei helfen, sich nicht zu infizieren. Das ist gut für die Betroffenen – und spart am Ende auch hohe Therapiekosten.“
Zunächst geht es nun um die Zulassung von Truvada als PrEP: Hersteller Gilead muss sie bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA beantragen.
In den USA bereits zugelassen
Truvada ist in den USA bereits seit 2012 zur vorbeugenden Einnahme zugelassen. Zur Therapie der HIV-Infektion wird das Präparat schon seit mehr als zehn Jahren eingesetzt. Es enthält zwei Wirkstoffe, die die Vermehrung von HIV verhindern.
Die Aussagekraft der vorliegenden Studienergebnisse ist auf schwule Männer mit hohem Risiko beschränkt. Auf Frauen lassen sich diese Ergebnisse nicht übertragen, da die Medikamente bei Vaginalverkehr möglicherweise schlechter wirken als bei Analverkehr, unter anderem aufgrund einer geringeren Konzentration der Wirkstoffe in den Schleimhäuten der Vagina und des Muttermundes; weitere Studien sind notwendig.
Erläuterungen zu den Studienergebnissen
Ausführliche Informationen zur PROUD-Studie
Ausführliche Informationen zur IPERGAY-Studie
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