Sebastian F.: Rechtsstreit um fristlose Kündigung endet mit Vergleich
Der jahrelange Rechtsstreit um die Kündigung des HIV-positiven Chemielaboranten Sebastian F. endete heute vor dem Berliner Landesarbeitsgericht mit einem Vergleich. Der Arbeitgeber, ein pharmazeutisches Unternehmen, erklärte sich bereit, eine Entschädigung in Höhe der Gehaltsansprüche bis zum Ende des damals befristeten Beschäftigungsverhältnisses zu zahlen. Damit wird im Prinzip anerkannt, dass Sebastian F. seine Tätigkeit in der Qualitätsprüfung von Medikamenten trotz der Infektion hätte ausüben können.
Sebastian F. hatte im Jahr 2010 in seiner Probezeit die fristlose Kündigung erhalten, nachdem er bei einer betriebsärztlichen Untersuchung mitgeteilt hatte, dass er HIV-positiv ist. Als Begründung hatte der Arbeitgeber den Schutz seiner Kunden vor einer Infektion ins Feld geführt. Gegen die Kündigung reichte Sebastian F. Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein, das unter anderem vor Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung schützt und auch während der Probezeit gilt. In dritter Instanz sah es das Bundesarbeitsgericht Erfurt im Dezember 2013 als erwiesen an, dass die Kündigung den Chemielaboranten unmittelbar im Sinne des § 3 Abs. 1 AAG benachteiligt, und verwies den Fall an das Landesarbeitsgericht zurück. Es sollte klären, ob der Arbeitgeber Sebastian F. durch angemessene Vorkehrungen hätte weiterbeschäftigen können.
„Mit dem Vergleich hat der Prozess ein faires Ende gefunden“, sagt Carsten Schatz, Vorstandsmitglied der Deutschen AIDS-Hilfe. „Das Gericht hat im Prinzip Sebastian F.s Interessen berücksichtigt; mit dem Urteil ist die fristlose Kündigung faktisch vom Tisch.“ Ein für alle HIV-Positiven wichtiges Ergebnis des langen Verfahrens sei vor allem die Signalwirkung, die vom Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts ausgehe: „Es stellt nicht nur fest, dass auch eine symptomlose HIV-Infektion im Sinne einer Behinderung zu verstehen ist und damit unter den Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes fällt. Darüber hinaus ist nun auch klar geregelt, dass ein Unternehmen die Kündigung eines Mitarbeiters nicht einfach mit internen Hygienevorschriften begründen kann. Es muss vielmehr im Einzelfall prüfen, ob ein Risiko besteht und – wenn dies der Falls sein sollte - ob Vorkehrungen getroffen werden könnten, um den Mitarbeiter trotzdem weiter zu beschäftigen. Dieses Urteil ist als klares Zeichen gegen Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen zu verstehen.“
Weitere Informationen:
Pressemitteilung des Büros zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (im Anhang)
Ein guter Tag für Menschen mit HIV und für den Schutz vor Diskriminierung