LGBT-Rechte sind Menschenrechte – in Russland und weltweit!

„In Russland stehen die Menschenrechte unter Druck“, sagt Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung Berlin.

Die Einschränkung der bürgerlichen und persönlichen Freiheiten trifft massiv vor allem Menschen, deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht. „Anders als in den westlichen Demokratien können sich LGBT in Russland aber nur schwer öffentlich gegen die Verletzung ihrer Menschenrechte wehren, weil dies seit 2013 als ‚Homo-Propaganda‘ bestraft werden kann“, so de Groot weiter.

Vertreter_innen der Schwulenberatung Berlin und der DAH hatten im Herbst 2013 das Projekt LaSky in Sankt Petersburg besucht, das LGBT zu Sexualität und HIV berät. Kurz danach verlor ein junger Mann bei einem brutalen Überfall auf LaSky das Augenlicht auf einem Auge. „Damals entstand die Idee, Entscheidungsträger_innen mit einer Tagung auf die Lage der russischen LGBT aufmerksam zu machen und durch Vernetzung untereinander und mit Aktivist_innen aus Russland zur Verbesserung dieser Lage beizutragen“, so de Groot. „Denn während sich Putins Russland zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi als modern und weltoffen inszeniert, leistet es zugleich der Diskriminierung von LGBT Vorschub. Dies dürfen und werden wir nicht hinnehmen, wenn Solidarität und die Achtung der Menschenrechte nicht bloß leere Worthülsen bleiben sollen.“

Auch Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, betont in seinem Grußwort zur Tagung: „Gesetze, die einzelne Gruppen der Gesellschaft diskriminieren und ihnen das Recht auf ein freies Leben absprechen, sind ein Angriff auf die Menschenwürde und verletzen elementare Menschenrechte.“

„Auf der Tagung ‚Gold for Equal Rights‘ wollen wir deshalb gemeinsam mit russischen Aktivistinnen und Aktivisten nach Strategien suchen, wie wir Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*-Menschen unterstützen können – in Russland und überall, wo ihre Menschenrechte verletzt werden“, sagt Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH). Dies sei auch für die HIV-Prävention wichtig: Ohne vorurteilsfreie Aufklärung über HIV-Risiken und Schutzmöglichkeiten bei verschiedenen Sexpraktiken, aber auch beim Drogenkonsum werde Russland seine HIV-Epidemie, mit einer der höchsten Infektionsraten weltweit, nicht in den Griff bekommen. Dazu brauche man auch die Zusammenarbeit mit den besonders gefährdeten Gruppen, beispielsweise Schwule und Drogengebraucher_innen.

 

Hintergrund

Seit 2013 ist in Russland ein Gesetz in Kraft, das „Werbung“ (Propaganda) für „nichttraditionelle sexuelle Beziehungen“ gegenüber Jugendlichen unter Strafe stellt. Das heißt: Jedwede öffentliche positive Äußerung über Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*-Menschen kann zu einer Geldstrafe, für Ausländer_innen auch zur Ausweisung führen – theoretisch sogar schon das Zeigen der Regenbogenflagge, das Händchenhalten oder Küssen in der Öffentlichkeit. LGBT geraten seither immer stärker unter Druck: So lockten etwa schwulenfeindliche Männer Schwule über falsche Kontaktanzeigen an, um sie dann zu demütigen und zu schlagen, und zeigten ihre Hetzjagden im Internet. Ein prominenter Ex-Schauspieler und Priester sagte öffentlich und ungestraft, er würde Homosexuelle am liebsten lebendig in Öfen verbrennen. Bei dem Übergriff auf LaSky nahm die Polizei betont unwillig und spät Ermittlungen auf. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass das russische Parlament nach der Olympiade eine Gesetzesvorlage diskutieren will, die LGBT-Eltern ihre Kinder wegnehmen will.

Umfragen zufolge halten viele Menschen in Russland – möglicherweise aufgrund fehlender oder falscher Informationen, die durch viele Medien verbreitet werden – Homosexualität für eine Krankheit. So wird beispielsweise in Talkshows Homosexualität und Pädophilie gleichgesetzt und Homosexualität als frei wählbarer „westlicher Lebensstil“ dargestellt. Viele befürworten „Zwangsheilungen“ und die strafrechtliche Verfolgung von LGBT. Aufklärung, um falsche Informationen über LGBT aus der Welt zu schaffen, ist nun aber kaum noch möglich, weil dies als „Propaganda für nichttraditionelle Beziehungen“ gewertet werden kann. Zugleich unternimmt der Staat zu wenig oder gar nichts gegen verbale oder körperliche Angriffe auf LGBT und gegen volksverhetzende Aussagen.

 

Pressekontakt:

Deutsche AIDS-Hilfe
Christoph Kolbe
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