Berliner Gesundheitsbehörden raten Schwulen zu Meningokokken-Impfung
Eine erhöhte Zahl schwerer Meningokokken-Erkrankungen unter schwulen Männern in Berlin gibt Anlass zu Vorsicht und Wachsamkeit – die Gefahr einer Epidemie besteht allerdings nicht.
Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat heute eine Impfempfehlung für alle in Berlin lebenden Männer veröffentlicht, die Sex mit Männern haben (MSM). Sie tritt voraussichtlich am 27. Juli in Kraft und gilt vorerst bis zum 31. Januar 2014.
Die Impfungen sollen verhindern, dass sich Meningokokken-Bakterien, die Auslöser von Hirnhautentzündungen (Meningitis) und Blutvergiftungen sind, weiter innerhalb der Szene ausbreiten. Seit Oktober 2012 wurden in Berlin fünf schwere Krankheitsfälle unter jungen Schwulen registriert. Drei der Männer sind binnen kürzester Zeit verstorben, ein weiterer liegt im Koma.
Impfungen können zum Beispiel beim Hausarzt vorgenommen werden. Derzeit ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob und gegebenenfalls ab wann alle Kassen die Kosten dafür übernehmen. Die Deutsche AIDS-Hilfe empfiehlt, sich selbst bei der zuständigen Krankenkasse zu informieren. Gesichert ist eine Kostenübernahme bisher nur für Schutzimpfungen von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie von HIV-Positiven.
Zu einer ähnlichen Häufung von Meningitisfällen unter MSM mit Todesfolgen kam es in jüngerer Zeit unter anderem in Toronto, New York und Paris (aidshilfe.de berichtete). Bislang waren von Meningokokken-Erkrankungen vor allem kleine Kinder und Jugendliche betroffen.
Nach Ansicht von Dr. Ulrich Marcus vom Robert-Koch-Institut besteht keine Gefahr einer Epidemie. „Eine reale Infektionsgefahr für die Bevölkerung sehe ich nicht. Es gibt bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Meningokokken-Erkrankungen aus der schwulen Community heraus ausbreiten würden“, erklärt er im Interview für den Blog der Deutschen AIDS-Hilfe. Marcus betont darin allerdings auch: „Es sind potenziell tödlich verlaufende Erkrankungen, vor denen man sich individuell relativ schwer schützen kann.“ Daher seien die vorsorglichen Impfungen wichtig, auch um die Infektionsketten der unter anderem sehr leicht durch Küssen übertragbaren Bakterien zu unterbrechen.
Die Impfempfehlung gilt ab ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt, voraussichtlich am 27. Juli. Ab diesem Tag haftet das Land Berlin für so genannte Impfschäden. Eine Impfung auf eigenes Risiko ist natürlich schon vorher möglich. HIV-Positiven wird die Impfung ohnehin schon bundesweit empfohlen. Die Meningokokken-Impfung ist in der Regel gut verträglich.
(sho)
Weitere Informationen
DAH-Infoblatt zu Meningokokken-Erkrankungen bei schwulen Männern (PDF-Datei, Stand 18. Juli 2013)
HIVreport 03/2013 zu Meningokokken-Erkrankungen bei MSM (PDF-Datei)
Das ausführliche Interview mit Dr. Ulrich Marcus ist auf www.blog.aidshilfe.de nachzulesen.