„Nein“ zur Diffamierung von Schwulen und Lesben in den Medien
Über hundert Journalisten, Medienmacher und gesellschaftliche Organisationen warnen vor verstärkten Anfeindungen von Lesben und Schwulen in deutschen Medien.
Im sogenannten „Waldschlösschen Appell“ fordern die Unterzeichner, dass diskriminierende Anfeindungen gegen Homosexuelle in den Medien genauso gekennzeichnet werden, wie dies bei rassistischen, sexistischen oder antisemitischen Aussagen geschieht.
„Keine Redaktion lädt einen Rassisten in eine Talkshow ein und bringt ein Rassismus-Opfer in die Situation, sich für seine Hautfarbe rechtfertigen zu müssen. Schwulen und Lesben passiert aber Vergleichbares immer wieder“, erklärt der Berliner Blogger Johannes Kram, Mitinitiator des Appells.
„Viele Medien tun immer noch so, als ob die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen eine Frage der Ästhetik und des Zeitgeistes und nicht eine Frage von Bürgerrechten sei.“
Nicole Koenecke, Vorstandsmitglied des Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSL) stellt klar. „Es geht nicht darum, andere Meinungen zu bekämpfen. Wir begrüßen eine kontroverse Diskussion um die politische und juristische Ausgestaltung der Rechte Homosexueller.“ Es sei aber klar zu stellen, wann eine Aussage keine Meinung mehr ist, sondern eine Diffamierung.
Journalisten werden in dem Appell daher unter anderem aufgefordert, Vertretern solcher Aussagen keine Plattformen zu bieten, so lange sie sich nicht klar von ihnen distanzieren.
Unter den Erstunterzeichnern finden sich fast alle lesbischen und schwulen Medien, sowie auch Persönlichkeiten aus Kultur und Publizistik wie die taz-Chefredakteurin Ines Pohl, die Filmregisseure Anna Maccarone und Marco Kreuzpaintner, die Sängerin Marianne Rosenberg und der Journalistik-Professor Stephan Weichert.
Auch die Deutsche AIDS-Hilfe, Bernd Aretz vom Nationalen AIDS-Beirat, Prof. Dr. Volkmar Sigusch und die Magnus-Hirschfeld-Stiftung gehören zu den Unterstützern des Appells. Dessen Initiatoren rufen Medienvertreter aber auch Personen aus allen Bereichen der Gesellschaft dazu auf, diesen Appell zu unterstützen.
Der Appell wurde bei einem Treffen lesbischer und schwuler Medienleute in der „Akademie Waldschlösschen“ im Frühling 2013 begründet. Die Initiatoren rufen Medienvertreter aber auch Personen aus allen Bereichen der Gesellschaft dazu auf, diesen Appell zu unterstützen.
Ab heute besteht auf der Internetseite www.der-appell.de die Möglichkeit, sich online in die Liste der Unterzeichner einzutragen.
(DH)
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Der Appell im Wortlaut:
Der “Waldschlösschen-Appell” gegen die Verharmlosung homosexualitätsfeindlicher Diffamierungen
Lesben und Schwule stehen aufgrund der Diskussion um die rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften im Fokus der Medienöffentlichkeit. Wir begrüßen eine breite Diskussion um die politische und juristische Ausgestaltung der Rechte Homosexueller.
Wir wehren uns jedoch dagegen, dass Argumentationsmuster, die der Diffamierung der Identität Homosexueller dienen, weiterhin als “Debattenbeiträge” oder ”Meinungsäußerungen” verharmlost werden.
Wir warnen vor verstärkten Homosexualität herabwürdigenden Anfeindungen, wenn viele Medien weiterhin Angriffe auf die Würde und die Menschenrechte Homosexueller als Teil des legitimen Meinungsspektrums bagatellisieren.
Hierzu gehören Aussagen wie:
- Homosexualität sei widernatürlich
- Homosexualität sei eine Entscheidung
- Homosexualität sei heilbar
- Heterosexuelle Jugendliche könnten zur Homosexualität verführt werden
- Homosexualität sei eine Begünstigung für sexuellen Missbrauch
- Die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften sei eine Gefahr für die Gesellschaft (etwa, weil durch sie weniger Kinder geboren werden würden)
Wir fordern Journalistinnen und Journalisten dazu auf,
- solche Aussagen deutlich als diskriminierende Anfeindungen zu kennzeichnen und zu verurteilen (so wie es auch etwa bei rassistischen, sexistischen oder antisemitischen Anfeindungen geschieht),
- Vertretern solcher Aussagen keine Plattformen zu bieten, so lange sie sich nicht klar von ihnen distanzieren,
- Homosexuelle in Beiträgen und Diskussionen nicht länger in die Situation zu bringen, sich für ihre sexuelle Orientierung rechtfertigen zu müssen.