Neues vom Vorstand

Queere Nothilfe Uganda

Alle internationalen Bemühungen und Protestbekundungen waren umsonst: Am 29. Mai hat der ugandische Präsident das Anti-Homosexuellen-Gesetz unterschrieben, das die Situation von LGBTIQ* noch einmal deutlich verschärft: Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen können mit einer bis zu lebenslangen Freiheitstrafe bestraft werden, „versuchte“ Handlungen mit bis zu zehn Jahren. Auf „schwere Homosexualität“ steht jetzt die Todesstrafe; darunter fallen sexuelle Beziehungen, an denen Menschen mit HIV beteiligt sind, Sex mit Minderjährigen oder mit Menschen mit Behinderungen. Mit bis zu 20 Jahren Haft können Personen oder Gruppen, die sich für LBGTIQ* einsetzen, bestraft werden. Eine Folge davon ist, dass queere Menschen mit HIV ihre Medikamente nicht mehr bekommen – entweder, weil sie sich selbst nicht trauen, ihr Haus zu verlassen, oder aber, weil Mediziner*innen aus Angst vor der Bestrafung die Behandlung verweigern.

Zusammen mit engagierten Einzelpersonen und über 30 queer- und menschenrechtspolitischen Organisationen, darunter das Aktionsbündnis gegen AIDS; Queer Amnesty und Let’s Walk Uganda, haben wir nun das Bündnis Queere Nothilfe Uganda gegründet. Es leistet zum einen politische Arbeit – etwa mit der Forderung an die Bundesregierung, unbürokratisch humanitäre Visa bereitzustellen, LGBTIQ*-Organisationen vor Ort zu unterstützen und Sanktionen gegen alle zu erlassen, die mitverantwortlich für das Gesetz sind. Zum anderen ruft es zu Spenden für Lebensmittelpakete, Notunterkünfte, Medikamente, Kommunikationsmöglichkeiten und juristische Unterstützung auf.  

Aktionsplan queer leben

78 Verbände und Initiativen sind ausgewählt, ihre Perspektiven in die Arbeitsgruppen zur Umsetzung des Aktionsplans „Queer leben“ einzubringen, der den Alltag und die rechtliche Stellung von queeren Menschen verbessern soll. Auf der Auftaktveranstaltung mit rund 200 Teilnehmenden am 20. März hatte Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, erklärt, dass für die Maßnahmen des Aktionsplans Mittel auf Länder- und Bundesebene bereitgestellt würden.

Die DAH ist an den Arbeitsgruppen Beratung und Communitystrukturen, Erinnerungskultur und Gesundheit beteiligt und war eingeladen, aktuelle und zukünftige Herausforderungen aus Sicht der Aidshilfe vorzustellen. Leitfragen waren hier, wie Präventionsmaßnahmen im Bereich HIV/Aids und anderen STIs ausgebaut werden können, welche Lücken es gibt und wie Schulungen für Multiplikator*innen zum Thema LSBTIQ* und HIV/Aids konzipiert sein müssen.

Bis zum Jahresende sollen sich die Arbeitsgruppen auf eine konkrete Gestaltung der Maßnahmen verständigt haben. Wir begleiten diesen Prozess, der aus unserer Sicht ein stringenter Zeitplan fehlt, kritisch und werden über die weiteren Entwicklungen berichten.

Aids 2024 in München: die große Chance zur Vernetzung mit der positiven Welt

Zum ersten Mal nach 1993 findet die Welt-Aids-Konferenz im nächsten Jahr wieder in Deutschland statt – und zwar vom 22. bis 26. Juli in München. Weil dies voraussichtlich auf lange Sicht die einzige Chance ist, so nah am Geschehen zu sein und sich mit der weltweiten Positiven-Community zu vernetzen, ist es uns wichtig, eine möglichst große Community-Beteiligung an AIDS2024 zu organisieren.

Wir prüfen zurzeit, welcher Rahmen realistisch und finanzierbar ist, welche Kooperationen wir eingehen können und an welchen Stellen wir ggf. andere Prioritäten setzen müssen. Sobald wir klare Eckdaten haben, werden wir sie im Newsletter veröffentlichen.

Aidshilfen gegen Rassismus

Auf dem Fachtag „Diversity: Vielfalt leben und fördern“ im letzten November hat das Thema Rassismus und die Frage, was wir als Aidshilfe dagegen tun können, breiten Raum eingenommen. Ein Ergebnis war der Wunsch nach einem gemeinsamen Positionspapier, für das in der Bundesgeschäftsstelle auf Basis der Diskussionen in Schwäbisch Gmünd und umfassender Recherche ein Entwurf entstanden ist. Er stellt den Bezug zu unserem Zukunftspapier „Aufs Ganze sehen“ her, erläutert, warum Antirassismusarbeit Teil der Strukturellen Prävention ist, definiert den Begriff Rassismus und beschreibt dessen Folgen für Gesundheit und HIV-Prävention. Im letzten Teil geht es um das Ziel, ein rassismuskritisches Miteinander zu schaffen, Rassismuskritik als Profilierungschance zu begreifen und schließlich eine rassismus- und diskriminierungsfreie Versorgung für alle zu erreichen; für diesen Weg werden einzelne Schritte und Anforderungen formuliert.

Wir werden den Entwurf demnächst mit unseren Mitgliedsorganisationen teilen und sie zu einem Feedback-Onlinetreffen einladen, bevor wir ihn der MV im Herbst zu Diskussion und Beschluss vorlegen.

Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz: Es gibt Nachbesserungsbedarf

Im Rahmen der Verbändebeteiligung war die DAH zu einer Stellungnahme zum Referentenentwurf über das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ eingeladen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung mit dem Referentenentwurf zentrale Anliegen aus dem Koalitionsvertrag umsetzt – sind doch die bisherigen Regelungen zur Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag für trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen in sich widersprüchlich und nicht mit den menschenrechtlichen Standards vereinbar, sodass eine Reform längst überfällig ist.

Allerdings sehen wir auch noch erheblichen Nachbesserungsbedarf vor allem dort, wo der Entwurf hinter den im Sommer 2022 vorgestellten Eckpunkten für das Selbstbestimmungsgesetz zurückbleibt. Besonders wichtig ist uns hier eine Stärkung und bundesweit flächendeckende Finanzierung von Beratungsstrukturen für TIN Personen, wie sie auch in früheren Gesetzesentwürfen vorgesehen war. Dass fachlich qualifizierte, ergebnisoffene und community-basierte Beratungsangebote von unschätzbarem Wert für die Gesundheit und die Lebensqualität von TIN Personen sind, hat nicht zuletzt unsere Studie „Sexuelle Gesundheit und HIV/STI in trans und nicht-binären Communitys“ gezeigt.

Inhaltlich kritisieren wir u.a., dass die Vornamens- und/oder Personenstandsänderung erst nach einer Wartefrist von drei Monaten wirksam werden soll. Für einen solchen Eingriff in die geschlechtliche Selbstbestimmung sehen wir keine hinreichende Rechtfertigung, sondern den Versuch, transfeindliche politische Akteur*innen zu beschwichtigen.

Ob der Bundesrat sich noch vor der am 7. Juli beginnenden Sommerpause mit dem Gesetz beschäftigen kann, scheint im Moment unklar. Offensichtlich gibt es im Bundeskabinett noch keine Einigung über den Gesetzestext.

Beratungen mit der KomPuF zum Haushalt 2024

Am 14. Und 15. Juli beraten wir mit der Kommission Projekte und Finanzen (KomPuF) unseren Haushaltsentwurf für das kommende Jahr, bevor wir ihn im Herbst der MV vorlegen. Ein Thema werden u.a. Teilnahmebeiträge an unseren Fortbildungen und die Reisekostenerstattung sein, die wir an knapper werdende Mittel anpassen müssen, aber in einem solidarischen Modell so gestalten wollen, dass weiterhin ein niedrigschwelliger Zugang bestehen bleibt und möglichst viele Angebote erhalten bleiben können.

Erste Harm Reduction-Konferenz im deutschsprachigen Raum

Am 23. Juni fand in Wien die erste deutschsprachige Harm Reduction-Konferenz statt, für die namhafte Akteur*innen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland gewonnen werden konnten. Dabei ging es nicht nur um Strategien zur Schadensminimierung beim Gebrauch illegaler Substanzen, sondern auch bei Tabak und Alkohol. Die Konferenz ist 2024 in der Schweiz und 2025 in Deutschland geplant und wird u.a. in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer, der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin und akzept e.V. vorbereitet.

Drogen Sprache. Eine Einladung zum Gespräch

Sprache kann verletzen, entmutigen und entmündigen, aber auch ermutigen, Respekt vermitteln und Vertrauen schaffen. Das gilt auch für die Sprache im Kontext von Drogengebrauch. Es ist z.B. ein großer Unterschied, ob wir von Substanzen, Suchtmitteln oder gar Rauschgift sprechen. Aus der Zusammenarbeit von sehr unterschiedlich ausgerichteten Organisationen – dem JES Bundesverband, akzept e.V.#MYBRAINMYCHOICE, dem Therapieverbund Ludwigsmühle und der DAH – ist ein Leitfaden für eine enstigmatisierende Sprache entstanden, der sich an Mitarbeiter*innen in Aids- und Drogenhilfen, Mediziner*innen und andere richtet, die mit Menschen mit Substanzkonsum zu tun haben.

Der Flyer „Drogen Sprache. Eine Einladung zum Gespräch“ wird durch die Webseite gegen-stigma.de ergänzt; geplant sind außerdem Workshops, Online-Gesprächsrunden und ein Glossar, das die Wirkung von Begriffen erläutert und Alternativen aufzeigt.  

Äquivalenzprinzip im Faktencheck

Ende Mai trafen sich rund 200 Teilnehmende aus sechs Ländern – darunter Gefängnisärzt*innen, JVA-Bedienstete, Sozialpädagog*innen und ehemalige Gefangene – zur 12. Europäischen Konferenz zur Gesundheitsförderung in Haft im schweizerischen Murten. Im Mittelpunkt stand die Frage, inwieweit das Prinzip, dass Gefangene Anspruch auf die gleiche Versorgung wie außerhalb des Strafvollzugs haben, in der Realität umgesetzt wird. In Vorträgen und Arbeitsgruppen ging es u.a. um die Spritzen- und Heroinvergabe in der Schweiz, die Telemedizin in Österreich und um HVC-freie Gefängnisse in Deutschland. Beim Blick auf neue Ansätze in der norwegischen JVA Halden oder der U-Haft in Basel wird deutlich: In Deutschland ist noch viel Luft nach oben. Alle Konferenz-Vorträge und -Präsentationen sind demnächst unter https://gesundinhaft.eu/ abrufbar.

Austausch mit Kooperationspartnern

In einer Videokonferenz mit dem Vorstand der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) haben wir uns sehr konstruktiv u.a. über den zurückliegenden DÖAK und den Bedarf an Studien zum Leben mit HIV ausgetauscht.