Statin senkt Herz-Kreislauf-Probleme bei Menschen mit HIV um ein Drittel
Ein Cholesterinsenker reduziert schwere Herz-Kreislauf-Probleme bei Menschen mit HIV um 35 Prozent. Das ist das Zwischenergebnis der internationalen REPRIEVE-Studie mit fast 7.800 Teilnehmer*innen.
Die REPRIEVE-Studie begann 2015, derzeit sind fast 7.800 Menschen mit HIV aus 12 Ländern eingeschrieben. Untersucht wird, wie sich ein Cholesterinsenker auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirkt.
Das Besondere: Vielen Teilnehmer*innen der Studie würde man eigentlich keinen Cholesterinsenker verschreiben, weil ihre Blutwerte nur minimal bis mäßig erhöht sind.
Angelegt ist REPRIEVE als Kontrollstudie. Das heißt: Eine Hälfte der Teilnehmer*innen bekommt das Medikament Pitavastatin, die andere ein Placebo. Alle werden über die Bedeutung gesunder Ernährung und Bewegung informiert.
Pitavastatin zeichnet sich dadurch aus, dass es sich gut mit den gängigen HIV-Medikamenten kombinieren lässt und kaum unerwünschte Nebenwirkungen hat.
Aus wegen großen Erfolgs
Eine Zwischenanalyse der REPRIEVE-Studie im März 2023 hat nun gezeigt: Pitavastatin senkt die Wahrscheinlichkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen und anderen schweren Herz-Kreislauf-Problemen bei Menschen mit HIV um 35 Prozent.
Angesichts dieses Erfolgs wäre es unethisch gewesen, die REPRIEVE-Studie fortzuführen, ohne den Teilnehmer*innen der Placebo-Gruppe ebenfalls das Medikament anzubieten.
Eingeschlossen in die Studie sind Personen mit HIV zwischen 45 und 70 Jahren, etwa ein Drittel davon Frauen.
Die Teilnehmer*innen werden über die Ergebnisse der Zwischenanalyse informiert und noch mehrere Monate lang beobachtet. Die Studienergebnisse werden in der nächsten Zeit veröffentlicht.
Keine unmittelbaren Folgen für die Behandlung von Menschen mit HIV
Der HIV-Experte Dr. Axel Baumgarten ist skeptisch, was eine solche Medikamentengabe ohne Anlass angeht. „Statine sollten nach individuellem kardiovaskulärem Risiko eingesetzt werden“, so der Berliner Infektiologe gegenüber magazin.hiv. Insgesamt seien die Daten zur Prävention von Herz-Kreislauf-Problemen bei Menschen mit HIV weiterhin uneinheitlich.
In der ärztlichen Praxis werden Statine nur bei erhöhten Cholesterinwerten und unter Berücksichtigungen der jeweiligen Risikofaktoren wie etwa Rauchen, starkem Übergewicht oder Fettstoffwechselstörungen verschrieben.
Die Blutfettwerte sollten standardmäßig im Rahmen der Basisuntersuchung von HIV-Patient*innen bestimmt werden. Diese Messung ist auch fester Bestandteil der Vorsorgeuntersuchung „Check-up 35“, die unabhängig vom HIV-Status alle drei Jahre durchgeführt werden kann.
Hintergrund: Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen mit HIV
Menschen mit HIV haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zu bekannten Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht kommen bei ihnen zum Beispiel chronische Entzündungsprozesse und eine ständige Aktivierung des Immunsystems hinzu.
(ascho/hs)
Pressemitteilung der National Institutes of Health, 11.04.2023: https://www.nih.gov/news-events/news-releases/daily-statin-reduces-risk-cardiovascular-disease-people-living-hiv-large-nih-study-finds
Informationen zur REPRIEVE-Studie: https://www.niaid.nih.gov/news-events/large-nih-clinical-trial-illuminates-long-term-health-effects-hiv