Sexarbeiter_innen rufen zur Menschenkette vor dem Bundestag auf

Der Bundestag wird am 2. Juni 2016, der zugleich der Internationale Hurentag ist, in erster Lesung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf für ein „Prostituiertenschutzgesetz“ (ProstSchG) beraten. Sexarbeiter_innen wollen das Gesetz verhindern und planen eine Protestaktion vor dem Parlamentsgebäude.

Mit dem „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ soll laut dem federführenden Bundesfrauenministerium das „Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution“ gestärkt, „verträgliche Arbeitsbedingungen“ geschaffen sowie „gefährliche Auswüchse und kriminelle Begleiterscheinungen durch bessere Überwachungsmöglichkeiten der Behörden“ zurückgedrängt werden. Die Gesetzesnovelle sieht unter anderem die Einführung einer Erlaubnispflicht für Betreiber_innen von Prostitutionsstätten, eine Anmelde- und Beratungspflicht für Sexarbeiter_innen sowie eine Kondompflicht vor.

An den geplanten Bestimmungen gibt es massive Kritik, so von Sexarbeiter_innen-Organisationen, Fachverbänden und Beratungseinrichtungen, von Gesundheitsämtern, Datenschützern sowie Ländern und Kommunen. Der Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) kritisiert das Gesetz als „Instrument zur Abschreckung, Verdrängung und ‚Eindämmung‘ von Sexarbeit“ sowie als Eingriff in die Grundrechte. Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) befürchtet durch das ProstSchG erhebliche Schäden für HIV-Prävention und Gesundheitsvorsorge.

Der Bundesrat hatte Mitte Mai wesentliche Punkte des Gesetzes gebilligt und in einer Stellungnahme nur wenige Teile abgelehnt. Auch diese wird Thema der rund einstündigen Bundestagsdebatte zum Gesetzentwurf sein, die voraussichtlich um 9 Uhr beginnen und live im Internet übertragen wird.

Das Aktionsbündnis gegen das ProstSchG ruft an demselben Tag um 11 Uhr zu einer Menschenkette vor dem Deutschen Bundestag auf: „Unser lautstarker, anhaltender und gut begründeter Protest gegen das Gesetz wurde bis jetzt von den Politiker_innen ignoriert – aber wir lassen nicht locker!“, heißt es von der Berliner Interessenvertretung von Sexarbeiter_innen, Hydra e.V., zu der Aktion mit dem Motto „Mein Körper, mein Bettlaken, mein Arbeitsplatz!“. Die Teilnehmer_innen werden aufgefordert, ein Bettlaken als Protestsymbol mitzubringen.

(ascho/Christina Laußmann)

Weitere Informationen:

Aktion auf Facebook

Aufruf zur Menschenkette auf der Website von Hydra e.V.

Ankündigung der Bundestagsdebatte auf der Website des Deutschen Bundestags

„Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ (PDF)

„Der richtige Weg wäre, an der Stigmatisierung zu arbeiten“ – Interview mit der Sexarbeiterin Johanna Weber auf magazin.hiv vom 18.9.2015

Die Deutsche AIDS-Hilfe zum ProstSchG:

„Bundesregierung schützt Koalitionsfrieden statt Prostituierte“, Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 3.2.2016

„Prostituiertenschutzgesetz: neue Gefahren statt Schutz“, gemeinsame Pressemitteilung mehrerer Organisationen vom 21.9.2015

„Koalitionspläne: Prostituierten drohen neue Gefahren“, Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 28.1.2015