Positive Begegnungen - TICKER
Hier berichtet das Team der Deutschen AIDS-Hilfe aktuell aus Wolfsburg. Dort findet vom 23.-26.08.12 Europas größte Selbsthilfekonferenz zu HIV statt.
- Pressemitteilung
- Galerie1, Galerie2
- Themenwoche "Leben mit HIV heute" auf Facebook
- Bock bloggt Teil 1, Bock bloggt Teil 2, Bock bloggt Teil 3
26.08.12 14.20 Uhr: Die Konferenz ist zu Ende
Vier Tage lang trafen sich über 400 Menschen mit HIV und ihre An- und Zugehörigen in Wolfsburg. Nachstehende Zitate bringen die wesentlichen Konferenzinhalte auf den Punkt:
„Für mich hat das Projekt ‚Positive Stimmen’ viel verändert: Ich bin mit meiner Infektion kämpferischer und offener geworden. Ich habe als Interviewer viele, zum Teil wirklich schlimme Geschichten dabei gehört und das hat mich bestärkt, mich weiter zu engagieren.“ Holger P.
„Ich habe in den Workshops zu HIV und Alter bei vielen Männern und Frauen ähnliche Ängste spüren können: Was passiert, wenn ich in die Pflege muss? Was, wenn meine Rente nicht reicht? Zu diesen Fragen müssen wir uns heute Gedanken machen.“ Chrissi
„Unsere Vielfalt ist unsere Stärke. Es ist wichtig, dass wir trotz aller Unterschiede, die uns trennen - miteinander arbeiten und unsere Kräfte bündeln.“ Kelly C.
„Ich hatte das Gefühl, dass wir in diesen Tagen zwar manchmal kontrovers, aber immer offen diskutiert haben und die verschiedenen Gesichtspunkte für unser gemeinsames Ziel zusammengeführt haben. Das war ein super demokratisches und schönes Gefühl.“ Marcel D.
„Ich möchte die jungen Positiven ermutigen: Entwickelt euren eigenen, auch emotionalen Zugang zu dem, was HIV für euch bedeutet. Ich bin neugierig zu welchen Schlüssen und Bewertungen ihr kommt.“ Michael J.
„Der Prozess der Neugestaltung der Selbsthilfe ist noch nicht überall durchgedrungen. Es steht die Angst der Netzwerke im Raum, dass sie abgeschafft werden könnten. Die Botschaft geht an den Vorstand der DAH, der nun mit dieser Angst umgehen muss.“ Michael B.
„Veränderung bringt auch immer Ängste mit sich. Es war wichtig, diese Ängste in den Workshops zur Neuorganisation der Selbsthilfe aufzufangen. Bei der Arbeit ist aber schnell klar geworden, dass wir alle zusammenarbeiten wollen und die gleichen Ziele verfolgen. Wo bislang an ähnlichen Themen nebeneinanderher gearbeitet wurde, müssen wir uns künftig annähern und unsere Ideen und Energien bündeln.“ Andrea
„Es ist nicht fair, dass der eine den Kopf beim Sex abschalten darf und der andere nicht. Der Druck der bei Positiven dabei aufgebaut wird, hat auch psychische Auswirkungen – und nicht nur, wenn’s um Sex geht.“ Marcel
26.08.12 11:45 Positive Stimmen – Interviews mit Teilnehmer_innen
Radiomoderatorin Frauke Oppenberg ist mit dem Mikrofon auf der Konferenz unterwegs gewesen. Sie hat Stimmen und Stimmungen eingefangen. Eine Momentaufnahme über Themen, die bewegen, die gestaltet werden und die entschieden angegangen werden müssen.
26.08.12 11:10 Bock bloggt: Die lauten und die leisen Töne
In guter Tradition ist der DAH-Blogger Werner Bock wieder auf den Positiven Begegnungen unterwegs. Im DAH-Blog berichtet er von seinen Erlebnissen heute: Die lauten und die leisen Töne.
25.08.12 21.15 Uhr: Demonstration in der Wolfsburger Fußgängerzone
Rund 200 Kongressteilnehmer_innen haben sich getraut. Sie sind mit Transparenten wie „Kein Staatsanwalt in meinem Bett“, „Einvernehmlicher Sex = un§schuldig“ oder „Mein Sohn ist ‚klasse’ und positiv“ durch die Wolfsburger Fußgängerzone gezogen. Es ging darum ein Zeichen gegen Diskriminierung und die Strafbarkeit der HIV-Übertragung zu setzen, die den Positiven einseitig die Verantwortung zuschreibt.
Eine solche Teilnehmerzahl wäre noch bei der letzten Konferenz vor zwei Jahre nicht denkbar gewesen. Die Demo war ein kraftvolles Signal!
Die Wolfsburger_innen nahmen’s überwiegend gelassen, einige zeigten sich in kurzen Gesprächen sehr interessiert und teilweise auch solidarisch.
Zitat des Tages:
„Wir können stolz auf uns sein“ (Michèle Meyer)
25.08.12 14.40 Uhr: Podiumsdiskussion zur Kriminalisierung
Dass die Verantwortung beim Sex allein auf HIV-Positive abgeladen wird, ist für DAH-Vorstand Carsten Schatz unannehmbar. „Alle Leute in Deutschland wissen, wie man sich schützen kann. Dafür hat man uns lange genug auf Plakaten mit Kondomen überzogenes Gemüse präsentiert.“ Und: in keinem Land habe die Kriminalisierung die Übertragung von HIV verhindert, sondern hat laut einer UN-Studie vielmehr zu einen Anstieg von Infektionen beigetragen.
Der Jurist Jakob Hösl ist sich sicher, dass Krankheiten nicht auf der Ebene des Rechts reguliert werden können. Soll deshalb eine generelle Straffreiheit gelten, auch wenn ein Positiver seinen Sexpartner über den eigenen HIV-Status belügt?
Jurist Dirk Siegfried sieht im DAH-Positionspapier zur Kriminalisierung in dieser Frage Nachbesserungsbedarf. Bislang wird sich seiner Meinung nach um die juristische Debatte herumgemogelt. (sho)
Zitat des Tages:
„Es ist nicht fair, dass der eine den Kopf beim Sex abschalten darf und der andere nicht.
Der Druck der bei Positiven dabei aufgebaut wird, hat auch psychische Auswirkungen –
und nicht nur, wenn’s um Sex geht.“ Marcel
25.08.12 13.15 Uhr: Teilnehmende schaffen neue Facebook-Präsenz
„Für ALLE Menschen geht die Sonne auf“ ist das Motto einer neuen Facebook-Seite, die im Rahmen der Positiven Begegnungen geschaffen wurde. Die Teilehmer_innen des Workshops „Modern Networking – wie nützt Social Media der Selbsthilfe“ möchten mit der Präsenz „PositHIV Leben“ Angehörigen und Positiven Mut machen.
Nach und nach werden die Teilnehmer_innen die Page mit Informationen und Berichten über das Leben mit HIV füllen. Kurz nach dem Start von PositHIV Leben hat die Seite bereits rund 70 Fans. Wir wünschen viel Erfolg! (TS)
25.08.12 11.00 Uhr: Bock bloggt - Im Bett mit dem Staatsanwalt
In guter Tradition ist der DAH-Blogger Werner Bock wieder auf den Positiven Begegnungen unterwegs. Im DAH-Blog berichtet er von seinen Erlebnissen vom gestrigen Konferenztag.
25.08.12 09:20 Die Kriminalisierung von Menschen mit HIV
Schwerpunktthema des heutigen Tages ist die Strafbarkeit der HIV-Übertragung. Auch wenn es in Deutschland bislang relativ wenig Verurteilungen gab, erleben viele HIV-Positive die Strafbarkeit als Bedrohung.
In einem Dossier haben wir unterschiedliche Interviews mit HIV-Positiven und -Negativen zusammengestellt.
Vorstandsmitglied Carsten Schatz bezieht Stellung in unserem Blog: „Prävention fängt dort an, wo Menschen über ihr Verhalten nachdenken.“
Später mehr zu diesem Thema. (DH)
24.08.12 20:35 Uhr: PoBe meets VW – Was ich immer schon mal fragen wollte, aber mich nie getraut habe…
Für diesen Workshop musste kurzfristig ein Plan B aus dem Hut gezaubert werden, denn von den VW-Mitarbeiter/innen ist niemand der Einladung gefolgt. Spannend war der Workshop trotzdem, denn die Teilnehmer_innen berichteten, wie sie es mit Offenheit oder Geheimhaltung am Arbeitsplatz halten.
Unternehmensberater Axel von einem großen IT-Konzern und Dirk Gäde (VW) haben beide gute Erfahrungen damit gemacht, offen mit ihrer HIV-Infektion am Arbeitsplatz umzugehen. Mit ihrem Outing sind sie allerdings Exoten.
Beide bestätigten, dass sie zwar privat von weiteren positiven Kollegen wissen, dass sie in ihrer jeweiligen Firma aber die einzigen offen HIV-positiven Mitarbeiter sind. Das muss man sich angesichts der Größe beider Firmen mal auf der Zunge zergehen lassen und zeigt, welch langer Weg noch zu gehen ist.
Zitat des Tages:
"Tabus haben in Unternehmen keine Chance!" (Axel, Unternehmensberater)
24.08.12 17.20 Uhr: Podiumsdiskussion „Ist HIV ein Jobkiller?“
Immer wieder fordern Arbeitgeber von Bewerbern einen HIV- Test. Patrik Maas, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe NRW, macht zu dieser Unsitte eine klare Ansage: „Ich bin für eine offene Kriminalisierung solcher HIV-Tests.“ Silke Eggers, DAH-Referentin für soziale Sicherung und Versorgung, liefert ein Argument mit dazu: „Ein solcher Test im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens beruht nie auf Freiwilligkeit, sondern auf einer Abhängigkeit." Und: „Es gibt keinen Job, den man mit einer HIV-Infektion nicht machen kann und daher gibt es auch keinen Grund für einen Test.“
Wer als positiver Bewerber oder Arbeitnehmer mit offenen Karten spielt, muss immer noch damit rechnen, dass er den Job nicht bekommt, seinen Arbeitsplatz verliert – oder, wie Krankenpfleger Sven, künftig keine Mittagspause mehr hat, weil er die Zeit für Aufklärungsgespräche mit dem Pflegepersonal verwenden muss.
Mit Wissensvermittlung um Infektionswege allein ist den irrationale Ängsten und alten Bilder von Aids in der Arbeitswelt offensichtlich nicht beizukommen. Da helfen nur intensive Gespräche, weiß Silke Eggers aus eigener Erfahrung. Und schützende Gesetze, die Arbeitgeber künftig davor abschreckt, sich gegenüber HIV-positiven Bewerbern und Mitarbeitern diskriminierend zu verhalten, ergänzt Patrik Maas.
Weitere interessante Infos gibt es auch in unserem Dossier „HIV und Arbeit“ und im Video.
24.08.12 16:55 Uhr: HIV-Negative in der positiven Community? – Serodifferenz einmal anders
In einem waren sich die nicht-positiv Getesteten in der Runde einig: innerhalb der positiven Community und Aidshilfen fühlen sie sich zwischen den Stühlen sitzend, nicht richtig drin und nicht ganz draußen. Sind sie nur wohl gelitten oder tatsächlich auch gewünscht? Ist ihnen dieser Platz von den Positiven zugewiesen oder haben sie sich diese Rolle selbstgewählt?
So sehr sie sich auch bemühen, Nicht-Positive werden sich nie in die Befindlichkeit eines Positiven hineinfühlen können. Andererseits, und was oft nicht wahrgenommen wird: die Partner von Positiven werden gewissermaßen in Sippenhaft genommen und teilen mit ihren infizierten Lebensgefährten die Stigmatisierung durch die Gesellschaft bis hinein in den engsten Freundeskreis und die Familie. Nicht nur deshalb haben sie auch ein Anrecht darauf, an der positiven Community teilhaben zu dürfen. (sho)
24.08.12 14:00 Uhr: ICH WEISS WAS ICH TU auf der PoBe
Auch die DAH-Präventionskampagne für schwule Männer ICH WEISS WAS ICH TU ist auf der Konferenz vertreten. Die Rollenmodelle Thilo, Marcel, Wolfgang, Florian und Rene besuchen hier Workshops und stehen selbst auch Rede und Antwort zu Themen rund um HIV.
Thilo und Wolfgang leiten morgen das Erzählcafé, in dem Positive über ihre Lebensgeschichten sprechen. Auch im Mittelpunkt werden dabei die Erfahrungen im Umgang mit HIV in unterschiedlichen Jahrzehnten stehen, da die Teilnehmenden aus verschiedenen Generationen kommen. (TS)
24.08.12 14.00 Uhr: Erste Fotogalerie auf Facebook ist online.
23.08.12 23:30 Uhr: Bock bloggt
In guter Tradition ist der DAH-Blogger Werner Bock wieder auf den Positiven Begegnungen unterwegs. Im DAH-Blog berichtet er die nächsten Tage über seine Eindrücke und Stimmung auf der Konferenz.
23.08.12 20.30 Uhr: Die Positiven Begegnungen sind eröffnet
Das Warten hat ein Ende. Mit exakt einer akademischen Viertelstunde Verspätung eröffneten um 18.15 Uhr Radiomoderatorin Frauke Oppenberg und DAH-Rampensau Holger Wicht in der Ostphalia Universität die Konferenz vor mehr als 400 Gästen. Schirmherrin Aygül Özkan, Niedersachsens Sozialministerin, steckte zum Auftakt leider im Stau, dafür hielt Niedersachens Schwulenreferent Hans Hengelein ihre Rede und betonte u.a. die jüngsten Empfehlungen für HIV-Positive im Gesundheitswesen: „Vor diesem Durchbruch, können wir alle profitieren“.
Wolfsburgs Bürgermeisterin Elke Braun (Grüne) und Präsident der Universität Prof. Umbach zeigten sich von dem vielfältigen Programm beeindruckt.
Arzt und Kabarettist Bernard Bieniek strapazierte während der Eröffnungsreden mit seinem „Vorhaut-Vortrag“ die Lachmuskeln.
Höhepunkt der Auftaktveranstaltung: Gelbe Bälle wurden von den Veranstaltern in das Plenum geworfen. Ein symbolischer Akt, der den Dialog und die Partizipation der Konferenz unterstreicht. Die Gäste hielten ihre Wünsche und Erwartungen auf den Bällen fest. Ein wirklich gelungener Auftakt! (JB)
Zitat des Tages:
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten." (Willy Brandt)
23.08.12 17:45 Uhr: Positive Begegnungen auch bei Jugendlichen
Zum Start der heutigen Positiven Begegnungen fand auch erstmals eine Willkommensveranstaltung für Jugendliche statt, die selbst positiv sind oder positive Angehörige haben. Die Mädchen und Jungen im Alter zwischen 13 und 22 Jahren können in den kommenden Tagen an speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Seminare teilnehmen.
Liebe und erster Sex stehen genauso im Mittelpunkt, wie Mobbing und Ausgrenzungen in der Schule oder im Freundeskreis.
Zu Beginn des Treffens wünschten sich die Teilnehmenden einen offenen Umgang miteinander. Auch neue Kontakte und Freundschaften zu schließen, erwarten sich viele von der Veranstaltung. (TS)
23.08.12 14:30 Uhr: Abschluss positive stimmen
Nach 14 Monaten geht das Projekt „positive stimmen“ mit einer Abschlussveranstaltung zu Ende. 40 Interviewer_innen aus ganz Deutschland führten über 2.000 Stunden Gespräche mit HIV-Positiven über ihre Diskriminierungserfahrungen.
Fazit: Noch immer werden viele wegen HIV ausgegrenzt, gemobbt und diskriminiert.
Im Video beschreiben einige Interviewer_innen eindrücklich, welche Erfahrungen sie gemacht haben. (DH)
Donnerstag, 23. August, 10:40 Uhr
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Nach und nach treffen immer mehr Helfer_innen in Wolfsburg ein. In diesen Minuten wird die Ostfalia Hochschule in allen Ecken und Enden für die kommenden Tage hergerichtet. Überall stapeln sich Kisten, es werden unzählige gelbe Bälle mühsam aufgepumpt und ein Clown streift im blau-weiß gestreiften Einteiler durch die Räume. Was es damit auf sich hat, berichten wir später.
Höhepunkte des Tages: Um 13.00 Uhr findet die Abschlussveranstaltung des Projektes „positive stimmen“ statt (wir werden berichten). Um 18.00 Uhr wird dann die Konferenz eröffnet. Hierzu zu sind alle Interessierte herzlich eingeladen. (JC)
Mittwoch, 22. August, 18:45 Uhr
Der Countdown läuft: Im Wolfsburger Wissenschaftsmuseum Phaeno fand heute die Pressekonferenz zu den „Positiven Begegnungen“ statt. Themenschwerpunkte waren die „Strafbarkeit der HIV-Übertragung“ und Stigmatisierung von Menschen mit HIV. Dazu sagte Carsten Schatz, Vorstandsmitglied der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH): „Die größten Schwierigkeiten entstehen heute oft nicht durch die Infektion selbst, sondern durch Diskriminierung“.
Das Ziel der DAH: eine Gesellschaft ohne Diskriminierung. Nach einer halbjährigen Interviewphase wurden die Ergebnisse der DAH-Studie „positive stimmen“ vorgestellt, bei der HIV-Positive zu Diskriminierungserfahrungen befragt wurden.
Hier geht’s zur Pressemitteilung (jc)