Ohne sie ist alles nichts: Menschenrechte und HIV-Prävention
Menschenrechte sind nicht nur ein Thema in finsteren Diktaturen. Auch Deutschland muss besser werden – etwa beim Zugang von Inhaftierten und Migranten zu HIV-Prävention und Behandlung
„Menschenrechte und HIV/Aids: Heute mehr denn je“ – unter diesem Motto fand am 20. Juli in Wien ein Menschenrechtsmarsch mit mehreren tausend Teilnehmern statt. Die Demonstranten unterstrichen damit: Der Kampf gegen die HIV-Epidemie kann nur dann Erfolg haben, wenn die Menschenrechte durchgesetzt und geachtet werden.
Kein Thema für Deutschland? Auch bei uns ist nicht alles zum Besten bestellt. Zwei Beispiele aus der HIV-Prävention zeigen: Ohne Menschenrechte ist alles nichts – es gibt noch viel zu tun, um das Recht auf Gesundheit durchzusetzen.
Menschen in Haft: Kaum Zugang zu Präventionsmitteln
Jedes Jahr durchlaufen rund 200.000 bis 250.000 Häftlinge den deutschen Justizvollzug. Dazu gehören viele Konsumenten illegaler Drogen – je nach Haftanstalt 20 bis 30 Prozent der Gefangenen. Diese Menschen sind schon in Freiheit gesundheitlich stark belastet. Infektionskrankheiten wie Hepatitis B und C oder HIV kommen bei ihnen überdurchschnittlich häufig vor.
Drogen werden auch im Gefängnis konsumiert, trotz aller Kontrollen. Anders als in Freiheit ist der Zugang zu Präventionsmitteln in Haft aber nur stark eingeschränkt oder gar nicht möglich. Sterile Spritzen zum Beispiel sind in Deutschland nur noch in der Frauenhaftanstalt Berlin-Lichtenberg erhältlich. Die Folge: Im Gefängnis teilt man sich Spritzen und setzt sich damit einem hohen Infektionsrisiko aus.
Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus: Erschwerter Zugang zur Behandlung
Nach Artikel 12 des UN-Sozialpakts ist der Staat verpflichtet, seinen Einwohnern „im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherzustellen“. Das Deutsche Institut für Menschenrechte sagt dazu: „Das Recht auf Gesundheit soll ohne Diskriminierung gewährleistet werden, die Leistungen der gesundheitlichen Versorgung müssen für die Betroffenen bezahlbar sein.“ Niemand dürfe durch strukturelle Hürden davon abgehalten werden, dieses Menschenrecht zu verwirklichen. Auch nicht jene Menschen, die ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland leben.
Fakt aber ist: Wer keinen Aufenthaltsstatus hat – Schätzungen zufolge sind das allein in München 30.000 Menschen –, wird von keiner Krankenversicherung aufgenommen. Ihre Behandlung müssen sie also meist selbst bezahlen, was sie aber in der Regel nicht können. In akuten Fällen übernimmt zwar das Sozialamt die Kosten, muss allerdings Menschen ohne Aufenthaltstitel der Ausländerbehörde melden – was zur Ausweisung führen kann. (Holger Sweers)
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