Gesetzeshüter_innen fordern Entkriminalisierung von Drogengebraucher_innen

In einem Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages fordert LEAP Deutschland eine neue Drogenpolitik und eine Überprüfung des bisherigen Drogenstrafrechts.

Die „Gesetzeshüter_innen gegen Prohibition“ drängen auf

  • Verhältnismäßigkeit im Strafrecht,
  • Entkriminalisierung von Drogenkonsument_innen,
  • Schritte zur Legalisierung,
  • Straffreiheit unterhalb bundesweit einheitlicher geringer Mengen,
  • den Aufbau kommunaler Beratungsstrukturen und
  • eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit der Befürworter_innen einer neuen Drogenpolitik.

Verhältnismäßigkeit im Strafrecht

Es gehe ihnen nicht um das Verharmlosen des Konsums psychoaktiver Substanzen oder das Einfordern liberaler Moralvorstellungen, so der LEAP-Vorstand.

Vielmehr müsse dem im Grundgesetz verankerten Gebot der Verhältnismäßigkeit für Gesetzgebung, Verwaltung, Justiz und Polizei Geltung verschafft werden.

Die bisherige Verbotspolitik nämlich greife tief in das Persönlichkeitsrecht ein, ohne Angebot, Nachfrage und Verbreitung von Drogen einschränken zu können.

Im Gegenteil: Cannabis sei auch für Jugendliche breit verfügbar, und jedes Jahr gelangten immer neue, schwer einschätzbare psychoaktive Substanzen auf den Schwarzmarkt.

Der Schwarzmarkt ist Nährboden für kriminelle Handlungen und Strukturen

„Gewaltige finanzielle Mittel werden kriminellen Strukturen zugeleitet, die jenen als Investitionsgrundlage für kriminelle Handlungen dienen“, heißt es in dem Brief. Das sei gerade für Gesetzeshüter_innen nicht hinnehmbar.

LEAP Deutschland schlägt unter anderem vor, unterhalb einer künftig einheitlichen Geringen Menge von Strafanzeigen und Beschlagnahmungen abzusehen. Stattdessen sollten kommunale Strukturen zur Beratung aufgebaut werden.

Als Vorbild dient hier Portugals Drogenpolitik, die zu einem drastischen Rückgang von drogenbedingten Todesfällen, HIV-Infektionen und der Beschaffungskriminalität geführt hat.

Aufruf zu fraktionsübergreifender Zusammenarbeit wie bei der „Ehe für alle“

„Es ist an der Zeit, Reformen in der Drogenpolitik einzuleiten, die den gegenwärtigen Diskussions- und Erkenntnisstand widerspiegeln“, so der LEAP-Vorstand.

Noch in dieser Legislaturperiode sollten die Befürworter_innen einer evidenzbasierten Drogenpolitik im Bundestag daher die Chance nutzen, die Geringe Menge im Betäubungsmittelgesetz als Anlage für alle Bundesländer verbindlich festzuschreiben.

Dies solle mit der Maßgabe geschehen, unterhalb dieser Grenze auf strafrechtliche Maßnahmen wie Strafanzeigen und Beschlagnahmungen zu verzichten.

LEAP Deutschland

LEAP Deutschland wurde 2015 gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten unter anderem der ehemalige Münsteraner Polizeipräsident Hubert Wimber, Frank Tempel, Kriminaloberkommissar a.D. und seinerzeit drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Wolfgang Nešković, Richter am Bundesgerichtshof a.D., und Jugendrichter Andreas Müller.

(hs)

 

Weiterführende Beiträge:

Deutsche Aidshilfe: Eine moderne Drogenpolitik nützt allen (Handreichung für die Politik, als Broschüre zu bestellen oder als PDF zum Download)

Alternativer Drogen- und Suchtbericht zeigt neue Wege für die Drogenpolitik (aidshilfe.de, 28.06.2018)

Die Polizei löst keine Drogenprobleme (aidshilfe.de, 23.05.2018)

Portugal: 15 Jahre humane Drogenpolitik (magazin.hiv, 01.07.2016)

„Ich glaube an den mündigen Bürger“ (Interview mit Hubert Wimber auf magazin.hiv, 21.06.2015)