Können Bettwanzen Infektionen übertragen?

Die Angst vor HIV-Übertragungen durch Insekten ist immer noch unbegründet. Auch verdächtig, aber unschuldig: Cimex lectularius, die gemeine Bettwanze.

Hungerkünstler: die Bettwanze

Sie sind klein und lästig. Meist bekommt man nur ihren Kot auf dem Laken oder der Matratze zu Gesicht. Sie ernähren sich vom Blut der ahnungslos Schlafenden – und reisen gerne mit: In den letzten Jahren hat ihre Zahl in San Francisco, Vancouver und jetzt auch Berlin zugenommen. Die Rede ist von Cimex lectularius, der gemeinen Bettwanze.

Die Tierchen sind im ausgehungerten Zustand ca. 5 Millimeter lang und wären eigentlich gut zu sehen. Sie verstecken sich allerdings gerne unter der Matratze oder auch außerhalb des Bettes. Bemerken kann man allerdings die Folgen ihrer Bisse – rote, juckende Stellen. Bettwanzen sind sehr widerstandsfähig: eine sechs- bis zwölfmonatige Phase ohne Blutmahlzeit stecken sie locker weg.

Lästig, aber kein Krankheitsüberträger

Schon in frühen Zeiten wurden die Bettwanzen verdächtigt, Krankheiten zu übertragen: Pest, Pocken, Tuberkulose, Lepra, Tropenkrankheiten. In den letzten Jahren gerieten auch Hepatitis und HIV in den Blick. Was aber ist dran an solchen Befürchtungen?

Eigentlich nichts, sagen Jerome Goddard und Richard deShazo. Die beiden haben die wissenschaftliche Literatur zu Bettwanzen und Krankheitsübertragungen ausgewertet. Ihre Arbeit wurde im seriösen Fachblatt JAMA veröffentlicht. In den 53 untersuchten Artikeln fanden die beiden Forscher keinen einzigen Hinweis darauf, dass auch nur eine einzige Infektion von Bettwanzen übertragen worden wäre.

Zwar konnte noch acht Tage nach einer „HIV-Blutmahlzeit“ HIV-Erbsubstanz in den Wanzen nachgewiesen werden, die Erbsubstanz des Hepatitis-B-Virus sogar noch nach sieben Wochen. Entscheidend aber ist: Diese Viren können sich in Bettwanzen nicht vermehren.

In einem Experiment hat man untersucht, ob Bettwanzen, die zuvor HIV-haltiges Blut aufgenommen hatten, über eine Membran (die die Haut darstellen sollte) einen künstlichen Schlafenden infizieren können. Ergebnis: negativ, also nicht möglich. Ebenso hat man versucht, Affen über Bettwanzen mit dem Hepatitis-B-Virus zu infizieren. Auch das gelang nicht.

Epidemiologische Hinweise

In Gambia hat man in einer großen Aktion Bettwanzen zu fast 100 Prozent ausgerottet. Die Zahl der Hepatitis-B-Neuinfektionen ging dadurch nicht zurück. Ein weiterer Hinweis darauf, dass Bettwanzen die Infektion nicht übertragen können.

Ähnliches gilt für HIV: Wenn Bettwanzen HIV übertragen könnten, müssten viele Kinder HIV-infiziert sein, die sich weder bei ihrer Mutter (bei der Geburt) noch durch Sex oder Drogen infiziert haben. Solche Fälle gibt es aber nicht – und das, obwohl weltweit Millionen von Kindern auf Matratzen mit Bettwanzen schlafen.

Fazit

Bettwanzen sind lästig und schwer loszuwerden. Krankheiten können sie aber nicht übertragen. Für Hepatitis B und HIV gibt es hierfür die besten epidemiologischen, durch Studien belegten Daten.

Quelle:

http://jama.ama-assn.org/cgi/reprint/301/13/1358.pdf

(Armin Schafberger)