Die HIV-Prophylaxe PrEP wird bis Ende 2023 außerhalb des Praxisbudgets vergütet
Die Deutsche Aidshilfe fordert, die Zeit bis Ende 2023 für den Ausbau einer flächendeckenden Versorgungsstruktur für die medikamentöse HIV-Prophylaxe PrEP und Erleichterungen für verschreibende Ärzt*innen.
Die medikamentöse HIV-Prophylaxe PrEP schützt wirksam vor HIV-Infektionen. Seit September 2019 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei einer ärztlich verschriebenen HIV-PrEP die Kosten für die Medikamente und Begleituntersuchungen im Rahmen einer Sonderregelung, die das Praxisbudget nicht belastet. Die PrEP-User*innen müssen nur den üblichen gesetzlichen Eigenanteil (derzeit 10 Euro bei einer 3-Monats-Packung) bezahlen.
Dieses Abrechnungsmodell wird nun um ein Jahr bis Ende 2023 verlängert. Dies hat der „Bewertungsausschuss Ärzte“ in seiner Sitzung am 14. Dezember beschlossen.
Die Versorgung mit der medikamentösen HIV-Prophylaxe PrEP hat Lücken
Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte ursprünglich vorgesehen, dass die HIV-PrEP-Behandlungen künftig aus dem gedeckelten Budget der Arztpraxen finanziert wird. Die Deutsche Aidshilfe, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä) und auch PrEP-Aktivist*innen sahen durch diese Pläne die bestehende PrEP-Versorgungsstruktur in Gefahr.
„Der Erfolg der PrEP lastet weiterhin auf sehr wenigen Schultern“, so der HIV-Mediziner Dr. Axel Baumgarten, der bei der Einführung der PrEP als Kassenleistung die Finanzierung der Behandlung als Vertreter der dagnä mitverhandelt hatte.
Medizinisch begleitet wird die HIV-Prophylaxe fast ausschließlich von HIV-Schwerpunktpraxen und wenigen Checkpoints, so Baumgarten. Ursprünglich angedacht war, dass auch Mediziner*innen aus anderen Fachgruppen, die im Bereich sexueller Gesundheit tätig sind, in ihren Praxen die PrEP anbieten – beispielsweise Fachärzt*innen für Haut- und Geschlechtskrankheiten oder Urolog*innen. Damit wäre die PrEP-Versorgung auch außerhalb der Ballungszentren gewährleistet.
Erforderlich sind dafür eine 16-stündige Hospitation und eine Mindestanzahl behandelter HIV- oder PrEP-Patient*innen. Dieser Aufwand steht für Ärzt*innen außerhalb der HIV-Schwerpunktmedizin offenbar in keinem guten Verhältnis zur Honorierung, sodass es kaum PrEP-Anbieter*innen außerhalb der HIV-Medizin gibt.
Nötig sind Erleichterungen für Ärzt*innen, die die HIV-PrEP verschreiben und begleiten wollen
Die Deutsche Aidshilfe hat daher bereits 2019 die Kassenärztliche Bundesvereinigung und den GKV-Spitzenverband aufgefordert, die Regeln zur PrEP-Verschreibung nachzubessern. „Es muss Ärzt*innen leichter gemacht werden, die PrEP zu verschreiben“, sagt DAH-Medizinreferent Axel Jeremias Schmidt. Die PrEP-Versorgung könnten zum Beispiel auch Hausarztpraxen mit übernehmen. „Die nötigen Fachkenntnisse lassen sich leichter erwerben als auf dem zurzeit vorgeschriebenen Weg, zum Beispiel durch E-Learning.“
Die finanziellen Anreize für Ärzt*innen aufzugeben, solange noch eine Ausweitung der PrEP-Versorgung angezeigt ist, wäre auch nach Ansicht von Schmidt kontraproduktiv: Es sei zu befürchten, dass beim Wegfall der extrabudgetären Abrechnung Praxen, die derzeit die PrEP anbieten, ihr Angebot reduzieren oder sich völlig aus der Versorgung zurückziehen.
Wenn die bestehenden PrEP-Behandlungen – bei einigen HIV-Schwerpunktpraxen in den Großstädten sind es oft mehrere hundert – aus dem festen Praxis-Budget finanziert werden müssten, werde dies in dieser Größenordnung für manche schlicht zu einem kaufmännischen Problem, erläutert Dr. Axel Baumgarten.
Der Bewertungsausschuss Ärzte hat die geplante „Einbudgetierung“ nun erst einmal vertagt. Bis Ende September 2023 will man nun prüfen, ob „weiterhin Regelungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung besteht“. Bis Ende Juni 2023 sollen zudem die bis dahin abgerechneten ärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit der PrEP evaluiert werden.
(ascho/hs)
Link zur Entscheidung des Bewertungsausschusses: https://institut-ba.de/ba/babeschluesse/2022-12-14_ba620_3.pdf
Meldung auf aidshilfe.de vom 18. September 2019 zu möglichen Versorgungslücken bei der HIV-PrEP