Geschichten suchen Medien
"Berichtet über unsere unterschiedlichen Lebensgeschichten mit HIV!" Dies ist Wunsch und Angebot von Konferenzteilnehmenden an die Medien. Die DAH veröffentlicht eine erste Liste mit Geschichten.
"Wir sprengen den Rahmen!", war das Motto der heute in Bielefeld zu Ende gegangenen Konferenz "Positive Begegnungen". Vier Tage lang diskutierten 500 Menschen mit und ohne HIV auch über Bilder von HIV und Aids in der Öffentlichkeit. Ziel: eine vielfältige und differenzierte Darstellung.
Zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer bieten Journalistinnen und Journalisten ihre persönliche Geschichte an:
Wahlverwandtschaft
Wolfgang Fannasch ist schon seit 25 Jahren HIV-positiv getestet. Vor einem Jahr heiratete der schwule Mann seine heterosexuelle beste Freundin, ebenfalls HIV-positiv, „um mit ihr alt zu werden“. Über die Beziehung sagt Wolfgang Fannasch: „Wir teilen alles außer den Sex.“ Das Paar lebt sechs Monate pro Jahr auf Gran Canaria, die andere Hälfte des Jahres in Bernstorf bei Bremen.
Bravo!
Benny (24) und Jenny (18) sind von Geburt an positiv. Die beiden leben in der Schweiz und treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und zu gemeinsamen Aktivitäten in einer Gruppe der Schweizerischen Stiftung „Aids und Kind“. Dem Namen der Organisation inzwischen entwachsen, treten die beiden jungen Leute auch selbstbewusst in der Öffentlichkeit auf. Beide waren zum Beispiel schon in der Bravo zu sehen. Ihre Botschaft: „Wir wollen kein Mitleid!“
Öffentlich positiv
Fred Jörke Kunahth (60) hat schon drei Lebenspartner auf Positiventreffen kennen gelernt. Die ersten beiden sind mittlerweile gestorben. Mit dem dritten ist er nun verpartnert. Seit neun Jahren liiert, lebt das Paar öffentlich positiv in Lüneburg. Der Mann von Fred Jörke Kunahth ist Stadtrat (Die Linke). Ihre Verpartnerung haben die beiden auch der örtlichen Presse bekannt gegeben.
Engagierte Rentnerin
Hildegard Welbers (63) lebt in Lübeck und hat lange Zeit ein Jugendgästehaus geleitet. Beim Blutspenden kam heraus: Sie ist HIV-positiv. Infiziert hat sie sich bei ihrem ehemaligen Ehemann. Heute lebt Hildegard Welbers mit einem 43-jährigen HIV-negativen Mann zusammen. Seit sie in Rente ist, tritt sie offen positiv auf und ist in der Selbsthilfe engagiert. Sie betreut einen heterosexuellen HIV-positiven Häftling in der JVA Lübeck. Ihr Statement: „Ich habe meinen Spaß am Engagement gefunden und schätze meine Zukunft richtig gut ein!“
Selbstbewusster Blogger
Marcel Dams (21) ist in diesem Jahr als Blogger bekannt geworden. Thema: seine HIV-Infektion. Erst vor einem Jahr bekam der junge Mann sein positives Testergebnis – und ging fast sofort in die Offensive und an die Öffentlichkeit. Mit seinem Youtube-Kanal erreicht er rund 500 Zuschauer am Tag, darunter viele Jugendliche. Er will über HIV aufklären und zeigen, dass man auch mit HIV gut leben kann. Immer wieder hat er als offen schwuler und positiver junger Mann auch mit Anfeindungen zu tun, hält ihnen aber sein Motto entgegen: „Selbstbewusstsein ist das beste Accessoire“. Marcels Arbeitgeber, die Stadt Essen, unterstützt ihn bei seinem Engagement.
Engagiert in der Aufklärung nach Vergewaltigung
Jule Sandgi (41) wurde mit 25 Jahren bei einer Vergewaltigung mit HIV infiziert. Seit knapp sieben Jahren ist die Dortmunderin schwer erkrankt und benötigt aufgrund von Koordinationschwierigkeiten Unterstützung im Alltag. Sie geht mit einer Begleiterin durchs Leben, die im Rahmen der Opferhilfe finanziert wird. Die ehemalige Krankenschwester betreibt HIV/Aids-Aufklärung in Schulklassen und in Krankenpflegeschulen.
Familienleben
Michèle Meyer und Mic Rasmussen lernten sich über einen SMS-Chat kennen. Für ihn war es von Anfang an kein Problem, dass sie HIV-positiv ist. Die beiden verzichten auf Schutz durch Kondome: Weil Michèles HIV-Medikamente gut wirken, ist so gut wie unmöglich, dass Mic sich bei ihr ansteckt. Michèle und Mic haben eine gemeinsame Tochter, die fünfjährige Mona. Zur Familie gehört außerdem Michèles achtjährige Tochter Sofia. Beide Kinder sind HIV-negativ. – Michèle Meyer ist Präsidentin der Schweizer Selbsthilfeorganisation LHIVE, auch Mic Rasmussen engagiert sich dort.
Mitten im Berufsleben
Heike (46) ist Mitarbeiterin in der Aids-Hilfe Bonn e.V. und berät Frauen: "Ich kann wieder ein normales Leben mit HIV führen, obwohl ich schon sehr lange infiziert bin." Dies verdankt sie den großen Fortschritten in der Medizin. "Die HIV-Infektion ist heute neben der medizinischen eine mindestens so große soziale Herausforderung", betont Heike. Ihr hat es sehr geholfen, dass sie Menschen begegnet ist, die Verständnis geäußert haben. "Viele erzählten mir, dass auch sie sich hätten infizieren können und einfach Glück gehabt haben". Heike wünscht sich, dass die Medien den Fokus auch auf die Normalität des Lebens mit HIV und Aids legen - und "dies heißt durchaus Vielfalt und muss auch die Probleme und Einschränkungen mit HIV nicht verschweigen", so Heike.
(howi/joli)
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