EU-Parlament stärkt Rechte intergeschlechtlicher Menschen
Das Europäische Parlament in Straßburg hat die erste Resolution zu den Menschenrechten von intergeschlechtlichen Personen angenommen.
In dieser rechtlich nicht bindenden Entschließung beklagen die Abgeordneten, dass intergeschlechtliche Menschen in der Europäischen Union in vielfacher Hinsicht Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt seien.
„Diese Menschenrechtsverletzungen bleiben der breiten Öffentlichkeit und den politischen Entscheidungsträgern weitgehend verborgen“, heißt es in dem Papier. Die Europäische Kommission müsse daher ihre Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten stärker auf intergeschlechtliche Personen ausrichten.
Die EU-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, Rechtsvorschriften zu erlassen, die die Grundrechte von intergeschlechtlichen Menschen, insbesondere von Kindern, angemessen schützen und befördern.
Dazu gehörten auch flexible Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrag in Geburtsurkunden und Ausweispapieren sowie Gesetze, die eine selbstbestimmte rechtliche Anerkennung des Geschlechts ermöglichten.
Klares Nein zu Zwangsbehandlungen und Zwangsoperationen
Scharf verurteilt werden in der Resolution normalisierende Behandlungen und Operationen an intergeschlechtlichen Kindern ohne deren „persönliche, vollständige und informierte Zustimmung“. Diese könnten zu lebenslangen Folgen wie psychischen Traumata und körperlichen Beeinträchtigungen führen.
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) begrüßt die Resolution des Europäischen Parlaments und fordert ein schnelles Verbot solcher Zwangsoperationen und Zwangsbehandlungen. Sie stellten keine Heileingriffe dar, sondern verletzten das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde.
Bislang sind solche normangleichenden Behandlungen und Operationen an intergeschlechtlichen Kindern lediglich in Malta und Portugal verboten. Die Bundesregierung hat ein Verbot zwar in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen, dazu jedoch bislang noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt.
Eine im Februar veröffentliche Studie der Universität Bochum zeigt, dass die Zahl normangleichender Genitaloperationen an intergeschlechtlichen Kindern in Deutschland nicht rückläufig ist, obwohl medizinische Leitlinien von solchen Eingriffen abraten. Im Jahr 2016 wurden demnach 2.079 Operationen durchgeführt.
Etappensieg für den Schutz der Grundrechte von intergeschlechtlichen Menschen
Neben dem LSVD begrüßten weitere LGBTIQ*-Organisationen die Entschließung des EU-Parlaments.
„Diese Resolution ist ein Meilenstein für die Intersex Community in Europa“, erklärte Luan Pertl von der Plattform Intersex Österreich. Gabriele Rothuber, Obfrau und Intersex-Beauftragte der Homosexuellen Initiative (HOSI) Salzburg, bezeichnete sie als „Etappensieg auf dem Weg zu einem umfassenden Schutz der Grundrechte von intergeschlechtlichen Menschen in Österreich und in der EU“.
Eingebracht hatte den Antrag der Europaabgeordnete von der britischen Labour-Partei Claude Moraes, der dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im EU-Parlament vorsitzt.
(ascho)
Weitere Informationen:
Studie „Häufigkeit normangleichender Operationen ‚uneindeutiger‘ Genitalien im Kindesalter“