„Eine Brücke zwischen Polittunten und versteckt lebenden Homosexuellen“
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat zum zweiten Mal den Hans-Peter-Hauschild-Preis vergeben und Jürgen Heimchen und Hansmartin Schön die Ehrenmitgliedschaft verliehen.
Mit dem im letzten Jahr erstmals ausgelobten und mit 1.000 Euro dotierten Preis zeichnet die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) Einzelpersonen oder Projekte für besondere Verdienste um die strukturelle Prävention aus. Preisträger in diesem Jahr ist das schwule Seniorenprojekt „Café Karussell“ im offenen Szenetreff Switchboard der AIDS-Hilfe Frankfurt, das in dieser Form seit 2009 existiert. „Es schlägt Brücken zwischen altgedienten Polittunten und versteckt lebenden Homosexuellen, die erst auf ihre alten Tage lernen, dass der Paragraph 175 der Vergangenheit angehört. Es bietet den Raum für neue Freundschaften und das Flicken der durch das Aidsgeschehen oder einfach nur das Alter löchrig gewordenen sozialen Netze“, erklärte Laudator Bernd Aretz, HIV-Aktivist der ersten Stunde, bei der Preisverleihung am letzten Samstag.
Der Preis, den Norbert Dräger als Mitorganisator des Cafés stellvertretend übernahm, erinnert an Hans Peter Hauschild als den maßgeblichen Urheber des Konzepts der strukturellen Prävention – und als Menschen, der die Deutsche AIDS-Hilfe über viele Jahre hinweg entscheidend geprägt hat. Er wird in Form einer Bronzeplastik vergeben, die der in Berlin lebende britische Künstler Stuart Wolfe gestaltet hat. Vorbild war die Grafik „Die Umarmenden" von Alessandro Sparapani, die auch auf Hans Peter Hauschilds Grabstelle, dem „Denk Mal PositHIV", abgebildet ist.
Mit Hansmartin Schön (Bild unten) und Jürgen Heimchen (Bild links) hat die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) seit Samstag zwei neue Ehrenmitglieder. Der Wuppertaler Jürgen Heimchen hatte nach dem Tod seines 21-jährigen drogenabhängigen Sohns einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Der heute 70-Jährige setzt sich zusammen mit der DAH und dem Netzwerk der Junkies, Substituierten und Ehemaligen (JES) für eine akzeptierende und humane Drogenpolitik ein. Er begründete den Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit mit und initiierte den Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige, der inzwischen bundesweit in 60 Städten und auf fast allen Kontinenten begangen wird. „Ohne diesen Menschen mit dieser Geschichte und diesem herausragenden Engagement stünden wir in der Drogenpolitik nicht da, wo wir heute stehen. Wir als Deutsche AIDS-Hilfe sind Jürgen Heimchen zu tiefstem Dank verpflichtet“, sagte Laudator Manuel Izdebski vom DAH-Vorstand.
Mit Hansmartin Schön ehrt die DAH ein Beispiel für die gelebte Beteiligung der Selbsthilfe. „Für Hansmartin war es immer selbstverständlich, dass Menschen mit HIV die Aidshilfe auf allen Ebenen mitgestalten und selbst Verantwortung übernehmen müssen“, so DAH-Vorstandsmitglied Winfried Holz. Schön, der 1986 sein positives Testergebnis bekommen hat, bestimmt nicht nur seit 16 Jahren als Vorstand die Geschicke der Münchner Aids-Hilfe mit; er war auch viele Jahre Mitglied in den bundesweiten Gremien der DAH und zuletzt – von 2005 bis 2008 – Mitglied in deren Vorstand.
(Tim Schomann/AF)