„Berliner Erklärung“: Maßnahmen gegen Hepatitis C völlig unzureichend
Mit der Veröffentlichung einer „Berliner Erklärung“ geht heute in Berlin die Europäische Konferenz zum Thema Hepatitis C und Drogengebrauch zu Ende, an der auch die Deutsche AIDS-Hilfe beteiligt ist.
Rund 300 Fachleute aus Wissenschaft, Nicht-Regierungsorganisationen sowie Einrichtungen und Projekten befassen sich dort seit Mittwoch mit den Herausforderungen in Prävention und Behandlung von Hepatitis C bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen.
Viele Infektionen und Todesfälle vermeidbar
Die zentrale Botschaft der Berliner Erklärung: „Hepatitis C ist ein großes globales Gesundheitsproblem. Es ist Zeit zu handeln!“ In Europa, wo etwa 9 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis C leben, gibt es nach Einschätzung der Fachwelt lediglich unzureichende oder gar keine Strategien gegen die Viruserkrankung, die zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Handlungsbedarf herrscht in der Prävention ebenso wie bei der Früherkennung der Infektion und beim Zugang zur Behandlung für alle Betroffenen.
Dazu erklärt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
„Auch in Deutschland sind die Maßnahmen gegen Hepatitis C bei weitem nicht ausreichend. Uns stehen viele Wege offen, diese drastisch unterschätzte Epidemie zu stoppen – doch die Politik muss den Boden bereiten. Hoch wirksame Maßnahmen wie Spritzenvergabe in Haftanstalten, die zugleich HIV-Infektionen verhindern würden, werden in den Bundesländern politisch blockiert. Dabei ist Prävention nicht nur ein Gebot der Menschenwürde, sondern auch sehr viel billiger als die aufwändigen Hepatitis-C-Therapien.“
Zielgruppe Drogenkonsumenten
Drogenkonsumenten sind besonders häufig von Hepatitis C betroffen und laut WHO und UNAIDS eine besonders wichtige Zielgruppe für Prävention und Versorgung. Für sie braucht es spezielle Wege bei der Aufklärung über Schutzmöglichkeiten, szenenahe Testangebote und Behandlungsprogramme. Zu den größten Hindernissen zählen dabei die Strafbarkeit des Drogenkonsums und die Stigmatisierung von Drogenkonsumenten, da Ausgrenzung und Strafandrohung die Erreichbarkeit der Menschen für Unterstützung massiv einschränkt. Viele Hepatitis-Übertragungen geschehen zudem durch gemeinsame Benutzung von Spritzen und Zubehör in Haft. Die Berliner Erklärung empfiehlt daher EU-Staaten die Abschaffung der Kriminalisierung des Drogenkonsums.
Bezahlbare Therapien für alle
Die Behandlung der Hepatitis C erlebt zurzeit einen beispiellosen Fortschritt: Neue Medikamente ermöglichen bald Heilung für fast alle Patienten, in kürzerer Zeit als bisher bei sehr viel weniger Nebenwirkungen. Doch die Medikamente sind enorm teuer. Auch in europäischen Ländern haben viele Patienten aufgrund der völlig überzogenen Preise keinen Zugang zu den neuen Mitteln. Ärzte in Deutschland verordnen sie aus Angst vor Regressen nur sehr zögerlich.
„Die Politik und die Pharmafirmen stehen in der Pflicht, die Medikamente bezahlbar zu machen“, sagt Sylvia Urban. „Bleiben die Preise auf dem aktuellen Niveau, werden weltweit viele Menschen an einer Krankheit sterben, die heilbar ist! Die Therapien tragen außerdem dazu bei, weitere Infektionen zu verhindern.“
Bis zu 500.000 Menschen in Deutschland betroffen
In Deutschland sind bis zu 500.000 Menschen mit dem Hepatitis-C-Erreger HCV infiziert – viele wissen nicht einmal davon. Erschreckend hoch ist auch die Zahl derjenigen, die aus verschiedenen Gründen keine angemessene Therapie erhalten. Viele Infektionen und Todesfälle sind vermeidbar. Prävention und Behandlung würden zudem die Kosten der Epidemie erheblich reduzieren.
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat darum bereits 2013 gemeinsam mit der Deutschen Leberhilfe, der Deutschen Leberstiftung und dem Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch einen Aktionsplan gegen Virushepatitis vorgestellt.
Die Europäische Konferenz zu Hepatitis C und Drogengebrauch hat am 23.Oktober begonnen. Vorgelagert war ein Fachtag zum selben Thema für die deutsche Fachwelt am 22. und 23. Oktober, mitveranstaltet von der Deutschen AIDS-Hilfe.