Bayern plant landesweite Naloxon-Vergabe an Laien
Naloxon, ein Notfallmedikament für Opioid-Überdosierungen, ist ein wichtiger Baustein der Schadensminimierung für Drogengebraucher_innen. Nach positiver Bilanz eines Modellprojekts will Bayern die Naloxon-Vergabe an Laien dauerhaft und landesweit einführen. Auch die Substitutionsbehandlung soll ausgebaut werden.
Das Medikament Naloxon kann bei einer Überdosis von Heroin oder anderen Opioiden Leben retten.
Damit ist es ein wichtiger Baustein der Schadensminimierung für Drogengebraucher_innen – neben der Substitutionsbehandlung und Angeboten wie Konsumräumen oder Drug-Checking (Untersuchung von Drogen auf Art und Menge der Inhaltsstoffe).
Lange Zeit gab es Naloxon nur als Spritze, die Anwendung war Ärzt_innen vorbehalten.
Seit September 2018 ist in Deutschland Naloxon-Nasenspray für Drogengebraucher_innen auf Rezept erhältlich – wenn auch relativ teuer.
Modellprojekte zur Naloxon-Vergabe an Laien im Saarland und in Bayern
Im Dezember 2017 startete im Saarland, im Oktober 2018 in Bayern ein Modellprojekt zur Naloxon-Vergabe an Laien, insbesondere Drogengebraucher_innen und deren An- und Zugehörige.
Bis Ende 2019 fanden in Bayern 94 Schulungen mit fast 400 Teilnehmer_innen statt. Der Erfolg: 28 Mal kam Naloxon bei Überdosierungen zur Anwendung.
„Das Projekt ist in dieser Größe in Europa einmalig und bestätigt unseren eingeschlagenen Weg“, sagte Gesundheitsministerin Huml (CSU), deren Ministerium das Projekt „BayTHN – Take-Home-Naloxon in Bayern“ bis 2021 mit 330.000 Euro finanziert.
Aufgrund dieser positiven Zwischenbilanz möchte Bayern nun die Naloxon-Notfallgabe durch geschulte Laien landesweit und dauerhaft in die Angebote der Suchthilfe aufnehmen. Außerdem soll die ärztliche Substitutionsbehandlung ausgeweitet werden.
Naloxon-Vergabe bundesweit fördern, Drogenkonsumräume einrichten
Dirk Schäffer, Referent der Deutschen Aidshilfe für Drogen und Strafvollzug, begrüßt die Entscheidung der Ministerin.
Es bedürfe jetzt allerdings eines bundesweiten Förderprogramms, um Drogengebraucher_innen, Mitarbeiter_innen in Aids- und Drogenhilfen sowie Ärzt_innen fortzubilden.
„Auf diese Weise schaffen wir Bedingungen, die allen gefährdeten Menschen den Zugang zu diesem lebensrettenden Medikament ermöglichen“, erklärt Schäffer.
Außerdem müsse Bayern, wenn das Land Schadensminimierung wirklich ernst meine, weitere wirksame Maßnahmen umsetzen.
„Das heißt konkret: die Schaffung von Drogenkonsumräumen in München, Nürnberg und weiteren Städten ist alternativlos. Nur durch ein Zusammenspiel verschiedener wirksamer Maßnahmen wird es uns gelingen, die Zahl der Überdosierungen und der drogenbedingten Todesfälle in Deutschland deutlich zu reduzieren“, so Schäffer.
(ascho)
Weitere Informationen:
Huml: Wichtige Erfolge für Bayerns Naloxon-Modellprojekt für Heroinabhängige – Bayerns Gesundheitsministerin: Einsatz in bereits 28 Notfallsituationen (Link zur Pressemitteilung des bayrischen Gesundheitsministeriums vom 30.12.2019)
Überdosierungen bei Drogenkonsument_innen: Leben retten mit Naloxon & Co. (magazin.hiv, 31.08.2019)
Drogennotfälle: Lebensrettung darf keine Privatsache sein! (magazin.hiv, 31.08.2018)
Deutsche Aidshilfe: Eine moderne Drogenpolitik nützt allen – Eine Handreichung für die Politik (PDF-Datei)