Amnesty International fordert Schutz der Menschenrechte von Sexarbeiter_innen

Jeder Staat muss Sexarbeiter_innen vor Menschenrechtsverletzungen schützen und dafür sorgen, dass diese ihre Rechte einfordern und ausüben können. Das fordert Amnesty International (AI) in einem am Donnerstag veröffentlichten Positionspapier.

Sexarbeiter_innen seien weltweit von zahlreichen Menschenrechtsverletzungen wie Diskriminierung, Gewalt oder mangelnder Gesundheitsversorgung betroffen. Darum ist es laut Amnesty International notwendig, Sexarbeit zu entkriminalisieren.

„Sexarbeit darf nicht unter Strafe gestellt werden, weil eine Kriminalisierung Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in die Illegalität treibt. Dort werden sie leichter Opfer von Menschenrechtsverletzungen“, sagte Maja Liebing, Expertin für Frauenrechte bei Amnesty International in Deutschland. „Wenn Sexarbeit strafbar ist, sind die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter der Willkür durch Polizei, Behörden sowie Kundinnen und Kunden schutzlos ausgeliefert“, so Liebing weiter.

Des Weiteren hebt die Menschenrechtsorganisation hervor, dass sie keine generelle Legalisierung von Sexarbeit fordere, also die direkte Regulierung und Kontrolle eines Gewerbes. Wenn aber eine Regierung gesetzliche Regulierungen von Sexarbeit umsetzen will, müsse dies im Einklang mit Menschenrechtsstandards erfolgen und auf den Schutz von Sexarbeiter_innen vor Ausbeutung und Misshandlung ausgerichtet sein. Sexarbeiter_innen müssten zudem an der Ausarbeitung solcher Gesetze und Strategien beteiligt werden.

Bereits bestehende Gesetze sollten so überarbeitet werden, dass sie dazu beitragen, das Leben der in der Sexarbeit Tätigen sicherer zu machen und das drängende Problem der Ausbeutung anzugehen, sagte Tawanda Mutasah, Senior-Direktor für Recht und Politik von Amnesty International in einer Stellungnahme. „Wir wollen, dass Regierungen sicherstellen, dass niemand dazu gezwungen wird, Sex zu verkaufen, oder nicht dazu in der Lage ist, die Sexarbeit aufzugeben, wenn die betreffende Person es so entschieden hat“, so Mutasah weiter.

Als besonders gewichtigen Faktoren für den Einstieg in die Sexarbeit nennt das 19-seitige Positionspapier Geschlechterungleichheit, Diskriminierung und wirtschaftliche Not. „Wir sind uns dieses Zusammenhangs bewusst. Wir sind gleichzeitig der Ansicht, dass die Lösung dieses Problems nicht darin besteht, Menschen dafür zu bestrafen, dass sie keine andere Wahl als Sexarbeit haben. Wenn Sexarbeit unter Strafe gestellt wird, wird ihr Leben noch unsicherer", betont Maja Liebing. „Ein Staat muss garantieren, dass jeder Mensch seine grundlegenden Rechte wahrnehmen kann. Er muss gewährleisten, dass niemand aufgrund von Armut oder Diskriminierung zum Überleben auf Sexarbeit angewiesen ist.“

Amnesty International hat im Vorfeld die Situation von Sexarbeiter_innen in vier ausgewählten Staaten (Papua-Neuguinea, Hong Kong, Norwegen und Argentinien) gezielt untersucht und die Erkenntnisse in das Positionspapier einfließen lassen. Marginalisierte Personengruppen würden demnach unverhältnismäßig oft der Sexarbeit nachgehen und bei der Ausübung dieser Arbeit diskriminiert. Die Staaten werden daher aufgefordert, auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Stereotype, zum Beispiel der Geschlechter, zu ergreifen und gegen Diskriminierung und strukturelle Ungleichheiten vorzugehen.

Amnesty macht in dem Positionspapier außerdem klar, dass Zwangsprostitution, Menschenhandel und der Missbrauch von Kindern stets als schwere Menschenrechtsverletzungen betrachtet und entsprechend bestraft werden müssen.

(ascho)

Quelle/weitere Informationen:

Pressemitteilung von Amnesty International vom 26.5.2016

„Position von Amnesty International bezüglich der Verpflichtung von Staaten, die Menschenrechte von Sexarbeiter_innen zu achten, zu schützen und zu gewährleisten“ (PDF)

„Amnesty International will die Entkriminalisierung von Sexarbeit“, Meldung auf aidshilfe.de vom 12.8.2015

„Deutsche AIDS-Hilfe stützt Kurs von Amnesty International zur Sexarbeit“, Meldung auf aidshilfe de. Vom 6.8.2016