50-Euro-PrEP bald in mehr Apotheken erhältlich
Die HIV-Prophylaxe PrEP zum Preis von 50 Euro wird voraussichtlich ab November in zahlreichen weiteren Apotheken erhältlich sein. Dies erklärte heute der Kölner Apotheker Erik Tenberken auf Anfrage der Deutschen AIDS-Hilfe.
„Wir haben knapp 30 Apotheken auf der Warteliste“, sagt Tenberken gegenüber aidshilfe.de. „Sobald uns mehr Ware zur Verfügung steht, werden sie eingebunden.“
Tenberken, Inhaber der Birken-Apotheke in Köln, hatte im September ein Vertriebsmodell präsentiert, das die Abgabe eines Generikums der Firma Hexal zum stark verbilligten Preis ermöglicht - in ausgewählten kooperierenden Apotheken.
Das Originalpräparat Truvada kostet mehr als 800 Euro, das Nachahmerpräparat für die HIV-Therapie von Hexal immer noch 600 Euro.
Für die vorbeugende Einnahme hat Tenberken einen anderen Preis mit Hexal ausgehandelt. Indem er das Medikament mit seiner Firma Kölsche Blister GmbH in so genannte Blister (Durchdrückverpackungen) umverpackt, entsteht ein eigenes Präparat, das billiger abgegeben werden darf.
Bisher ist das Medikament aber nur in acht Apotheken in sieben Städten erhältlich. Der Grund: Hexal konnte so kurz nach Markteinführung des Nachahmerpräparates die benötigte Menge nicht liefern. Tenberken erwartet nun aber eine größere Lieferung Ende Oktober und kann dann mehr Apotheken bedienen.
PrEP jetzt auch in Bochum
Mit einer ähnlichen Vorgehensweise wie Tenberken hat jetzt die Alte Apotheke in Bochum die PrEP ins Sortiment aufgenommen. Sie kauft das Truvada-Generikum bei der Pharma-Firma TAD und verkauft es zum Preis von 52 Euro. Das haben der Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft, Prof. Norbert Brockmeyer, und die Apothekerin Dr. Inka Krude mitgeteilt, die das Projekt gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
Anders als am Mittwoch unter anderem in der Bild-Zeitung berichtet, gilt dieses Modell aber nur für diese eine Apotheke. „Ich will einfach nur die Patienten hier in Bochum schnell mit PrEP versorgen“, erklärt Krude ihre Motivation.
Brockmeyer und Krude hoffen aber darauf, dass andere Apotheken bundesweit ihrem Beispiel folgen. Dafür müssten diese dann selbst Vereinbarungen mit dem Hersteller treffen, sagte die Apothekerin gegenüber aidshilfe.de.
Rechtliche Fragen ungeklärt
Ob das so einfach möglich ist, steht noch in Frage. Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass der Bochumer Weg rechtswidrig sein könnte, weil die Alte Apotheke – anders als Tenberkens Kölsche Blister GmbH – kein pharmazeutisches Unternehmen ist. Öffentlich wollte sich bisher niemand dazu äußern.
Krude beruft sich demgegenüber auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2015, wonach ihr Vorgehen möglich sei.
„Ob dieser Weg rechtlich Bestand hat, bleibt abzuwarten“, erklärt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wasserdicht ist auf jeden Fall das Modell von Erik Tenberken.“
Dessen Pilotprojekt wird zugleich von Hendrik Streeck, Professor am HIV-Forschungszentrum der Uniklinik Essen, wissenschaftlich begleitet. Eine Befragung der PrEP-Nutzer soll dazu dienen, in der Zukunft eine reguläre PrEP-Versorgung in ganz Deutschland zu ermöglichen.
Die PrEP mit Truvada ist seit 2016 in Europa zugelassen. Sie kann auf einem Privatrezept verschrieben werden und muss von den Patient_innen selbst bezahlt werden. Die Deutsche AIDS-Hilfe setzt sich dafür ein, dass für Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko die Krankenkassen die Kosten übernehmen.
Holger Wicht