Mehrbedarf
Mehrbedarf
Menschen, die ALG II, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter beziehen, benötigen in bestimmten Situationen manchmal unbedingt mehr Geld, als sie erhalten, zum Bespiel aufgrund von Krankheiten. Für diesen Fall können sie so genannte Mehrbedarfe geltend machen. Dabei gibt es keine speziellen Regelungen für Menschen mit HIV/Aids, aber einige der Regelungen können auch für sie zutreffen.
Mehrbedarf für Ernährung (Krankenkostzulage)
Mehrbedarf für Ernährung (Krankenkostzulage)
Wenn eine Erkrankung eine besondere Ernährung notwendig macht, kann dafür eine Zulage „in angemessener Höhe“ beantragt werden.
Die Behörden richten sich bei der Berechnung in der Regel nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. Demnach bedarf ein HIV-/Aids-Patient im Normalfall „nur“ einer normalen Vollkost, die mit dem Regelsatz abgedeckt ist. Eine Zulage wird nur empfohlen,
- wenn der Body-Mass-Index (BMI) infolge der Krankheit unter 18,5 liegt
- ein krankheitsbedingter Gewichtsverlust von mehr als 5 Prozent innerhalb von 3 Monaten vorliegt
Die empfohlene Zulage beträgt 10 Prozent des Regelsatzes der Sozialleistung, die man bekommt. Liegt eine höherer Bedarf vor, kann man mit einem ärztlichen Attest aber auch eine höhere Zulage beantragen.
Der Mehrbedarf muss in jedem Fall schriftlich mit einem Attest beantragt werden. So wird die Diagnose aktenkundig. Man sollte sich gut überlegen, ob man das möchte.
Gesetzesgrundlage: § 21 (5) SGB II, §30 (5) SGB XII
Mehrbedarfe bei (Schwer)Behinderung
Mehrbedarfe bei (Schwer)Behinderung
Menschen mit Behinderung können einige „Mehrbedarfe“ pauschal geltend machen, bekommen dann also regelmäßig einen festen Betrag zusätzlich. Berechtigt sind
- Erwerbsunfähige bis 65 Jahre, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G besitzen. Sie erhalten zusätzlich 17% des Regelsatzes der Sozialleistung, die sie erhalten (zum Beispiel ALG II). Rechtsgrundlage dieser Regelung ist § 30 (1) im SGB XII. Menschen über 65 können Mehrbedarf aus Altersgründen geltend machen (siehe nächster Abschnitt).
- Behinderte Menschen bekommen 35% ihres Regelsatzes zusätzlich, wenn sie Eingliederungshilfe nach § 54 Abs.1 Nr. 1-3 SGB XII erhalten. Rechtsgrundlage ist § 30 (4) im SGB XII.
- Erwerbsfähige (arbeitsfähige) Menschen mit Behinderung erhalten 35% ihrer Regelleistung zusätzlich, wenn sie Anrecht auf „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (nach § 33 SGB IX )“ oder sonstige „Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben“ haben. Rechtsgrundlage ist § 21 (4) SGB II.
Mehrbedarf aus Altersgründen
Mehrbedarf aus Altersgründen
Menschen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, erhalten 17 % des Regelsatzes ihrer Sozialleistung zusätzlich. Rechtsgrundlage ist § 30 (1) SGB XII.
Kondomgeld
Kondomgeld
Menschen mit HIV/Aids können Mehrbedarf für die Kosten von Kondomen beantragen. Die Regelungen in den einzelnen Ämtern und Bundesländern dazu sind unterschiedlich. Teilweise wird eine Pauschale erstattet, teilweise wird der Betrag erstattet, wenn man Quittungen vorlegt. Einige Ämter verlangen vor der Bewilligung eine ärztliche Bescheinigung über den Bedarf.
Der zugrunde liegende Gesetzestext lautet:
„Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden die medizinischen Vorsorgeleistungen und Untersuchungen erbracht. Andere Leistungen werden nur erbracht, wenn ohne diese nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein sonstiger Gesundheitsschaden einzutreten droht.“ (§ 47 SGB XII Vorbeugende Gesundheitshilfe)
Hygienemehrbedarf
Hygienemehrbedarf
Menschen mit HIV haben häufig einen erhöhten Bedarf an Hygieneartikeln wie zum Beispiel Waschmitteln oder Hautpflegeprodukten.
Sie können deswegen nach geltender Rechtsprechung Hygienemehrbedarf beantragen, wenn sie Sozialhilfe oder "Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung"erhalten. Bedingung: Der Mehrbedarf muss krankheitsbedingt und nachweisbar sein. Rechtsgrundlage dafür sind § 73 SGB XII („Hilfe in sonstigen Lebenslagen“) und § 28 (1) SGB XII.
Für ALG-II-Empfänger besteht laut Gesetz kein Anspruch, Hygienemehrbedarf anzumelden. Trotzdem lohnt sich ein Antrag! Sozialgerichte und das Bundesverfassungsgericht haben nämlich geurteilt, dass Mehrbedarf in bestimmten Fällen trotzdem geltend gemacht werden kann. Nähere Informationen dazu stehen unter „Härtefallregelung“.
ARGEn beziehungsweise Jobcenter weisen Anträge aber bisher häufig zurück. Eine Beratung in einer Aidshilfe kann helfen, den Anspruch durchzusetzen. Dem Antrag sollte ein ärztliches Attest beigefügt werden.
Weitere Informationen zu diesem Thema gibt die Website rechtpositiv.de.