Anlass zur Hoffnung

Liebe Leser*innen,

kurz vor dem Welt-Aids-Tag konnten wir eine gute Nachricht verbreiten: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist in Deutschland weiter zurückgegangen – von 2.300 im Jahr 2019 auf 2.000 im letzten Jahr. Auch die Zahl der Menschen, die unwissentlich mit HIV leben, ist vor allem dank verbesserter Testangebote gesunken. Dazu haben in Pandemie-Zeiten, in denen viele Testangebote in Gesundheitsämtern nicht zur Verfügung standen, die Checkpoints unter erschwerten Bedingungen und unser Einsendetest-Projekt s.a.m health beigetragen. Insgesamt hat Deutschland das UNAIDS-Etappenziel für 2020 erreicht: Danach sollen 90 Prozent der Menschen mit HIV diagnostiziert sein; 90 Prozent von ihnen sollen in Behandlung sein und wiederum 90 Prozent von ihnen so effektiv, dass HIV nicht mehr nachweisbar ist. Wir liegen jetzt bei 90-97-96 – eine gute Basis für das 95-95-95-Ziel bis 2025.

Kurz nach dem Welt-Aids-Tag hat die neue Bundesregierung ihr Amt angetreten. Ihr Koalitionsvertrag gibt in einigen Bereichen Anlass zur Hoffnung: Er greift die Forderung der Kampagne GleichBehandeln zur Abschaffung der Übermittlungspflicht auf und sagt zu, die Meldepflichten von Menschen ohne Papiere zu überarbeiten, damit Kranke nicht davon abgehalten werden, sich behandeln zu lassen. Die Ampel will mehr legale Fluchtwege schaffen und die Bleibeperspektive für Geflüchtete verbessern. In Familien darf endlich die Vielfalt einziehen; sie ist laut Vertrag „überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen“. Soziale Eltern sollen das „kleine Sorgerecht“ bekommen. Das Transsexuellengesetz wird abgeschafft, sodass Änderungen des Geschlechtseintrags per Selbstauskunft auf dem Standesamt möglich sein sollen. Es wird eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene geben – immerhin ein erster kleiner Schritt auf dem Weg zur Entkriminalisierung von Drogengebrauch. Allerdings vermissen wir Aussagen zur Stärkung der HIV- und STI-Prävention ebenso wie zur Verbesserung der Situation von Sexarbeiter*innen. Wir werden möglichst bald nach der Konstituierung der Ausschüsse auf die Politiker*innen zugehen, sie an den geschriebenen Worten messen und die Themen aufs Tapet bringen, die keinen Weg in den Koalitionsvertrag gefunden haben.

Wenn nun ein weiteres Jahr mit der Pandemie zu Ende geht, wollen wir den Blick auf unsere Mitgliedsorganisationen richten, die sich vielen Herausforderungen gestellt haben, und hier den Vorstand zitieren: „Ihr habt umgehend und ohne zusätzliches Geld Hygienestandards erarbeitet, völlig neue digitale Bildungs- und Präventionsveranstaltungen entwickelt, online beraten und eure Angebote soweit wie möglich aufrechterhalten. Kurz: Ihr habt alles gemacht, was Aidshilfe bis heute auszeichnet - sich immer wieder auf Neues einstellen und sich neu erfinden.“ Zusammen mit dem Vorstand sagen wir Danke - für Euren Erfindungsreichtum, Eure Anpassungsfähigkeit und Euren Mut, Dinge anzupacken und nicht zu stagnieren. Danke, dass Ihr einen unschätzbaren Beitrag für uns alle leistet!

Wir wünschen allen Leser*innen frohe Feiertage und hoffen, uns im nächsten Jahr endlich wieder positiv begegnen zu können – spätestens im Juli in Duisburg!

Herzliche Grüße,

Silke Klumb