Studie: Mehr HIV-Varianten in Großbritannien

In Europa und Nordamerika kommt bislang vor allem der HIV-1-Subtyp B vor. In den letzten Jahren aber gibt es bei britischen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), vermehrt andere Untertypen.

Von HIV gibt es zwei Arten, HIV-1 und das seltene HIV-2. Genetisch unterscheiden sie sich deutlich, aber sie haben einen ähnlichen Krankheitsverlauf zur Folge. Wenn man weltweit von HIV redet, meint man praktisch immer HIV-1. Davon gibt es mehrere Untertypen. Von ihnen konnte man bisher eine Weltkarte zeichnen: HIV-1 Subtyp B kam vor allem in Europa und Amerika vor, die Subtypen A, D, F und G vor allem in Afrika, der Subtyp C in Afrika und Indien, Mischtypen von A, B und E in Südostasien, Mischtypen von B und C in China.

Im Großen und Ganzen ist das immer noch so. Allerdings zeigt die Auswertung einer großen Labordatenbank in Großbritannien, dass bei MSM die Zahl der „fremden“, also der Nicht-B-Subtypen von HIV-1, stetig zunimmt: von ca. 2 % aller Infektionen in den Jahren vor 1996 auf zunächst 7–9 % in den Jahren um 2002. Diese Zahlen blieben bis 2007 stabil, dann erfolgte ein Anstieg auf 13 %. Der Anstieg betraf Weiße wie Schwarze sowie in Großbritannien wie außerhalb Geborene.

 

Größeres Spektrum und offene Fragen

Die Epidemie verändert sich also. Nicht schnell, aber stetig. Das Spektrum der genetischen Varianten nimmt zu. Doch was hat das zu bedeuten? Verläuft eine HIV-1-Infektion mit Subtyp D aggressiver oder weniger aggressiv als eine Infektion mit Subtyp B? Lässt sich der eine Subtyp leichter als der andere Subtyp übertragen? Darüber gibt es bisher nur wenig und widersprüchliche Daten.

Ähnliches gilt für die Medikamente. Für die meisten HIV-1-Subtypen scheint es kaum bedeutende Unterschiede zu geben. Doch die neuen und teuren Medikamente werden bei den „afrikanischen“ und „asiatischen“ Subtypen bisher kaum eingesetzt. Entsprechend gibt es nur begrenzt Erfahrungen. Man weiß aber: Bei HIV-2 und einer extrem seltenen Variante von HIV-1, der Gruppe O, sind bestimmte HIV-Medikamente (die sogenannten NNRTIs) unwirksam. HIV-2, das bislang vor allem in Westafrika vorkommt, und HIV-1 Gruppe O sind aber weltweit gesehen selten und spielten auch in der britischen Studie keine Rolle.

 

Problem für die Impfstoffforschung

Eine größere Bandbreite von Subtypen in einer Population dürfte allerdings für die Impfstoffforschung zum Problem werden. Wenn es überhaupt gelingt, einen Impfstoff zu produzieren, würde er wahrscheinlich nur gegen einen Subtyp von HIV-1 wirken – ähnlich einem Grippeimpfstoff, der auch nur für eine Influenza-Variante wirksam ist. Wenn sich aber nun am gleichen Ort die HIV-1-Varianten mehr und mehr mischen, könnte dies der Impfstoffforschung noch größere Probleme machen, als sie ohnehin hat.

(Armin Schafberger/hs)

 

Quelle

Link zur englischen Zusammenfassung (Abstract) des Artikels