Festwoche zum 20-jährigen Bestehen der AIDS-Hilfe Chemnitz

Gleich mit einer ganzen Festwoche begeht die AIDS-Hilfe Chemnitz ihr 20-jähriges Bestehen. Auf dem Programm steht heute die Verleihung der Ehrenmedaille „Für herausragende Leistungen im Kampf gegen HIV und AIDS“.

Am Mittwoch bietet Frieder Alberth vom Verein Connect plus einen kleinen Überblick über dessen Arbeit im ODESSA-Projekt. Der Donnerstag steht unter dem Titel „Endlich mal was Positives“, unter dem der Autor Matthias Gerschwitz ein Buch über seine Auseinandersetzung mit der HIV-Infektion veröffentlicht hat, aus dem er am Abend in der Stadtbibliothek liest.

Einen Blick zurück in die frühe Phase der Epidemie wirft das Videoforum „Einer von Acht“ am Freitag. Der Film erzählt, mit welchen Widrigkeiten der erste Mensch, dessen Aids-Erkrankung in Chemnitz bekannt wurde, zu kämpfen hatte. Die Festwoche endet am Samstag mit einer Party im „Subway to Peter“ für „Freunde, Sympathisanten und alle, die es werden wollen“.

Das ausführliche Programm kann unter http://chemnitz.aidshilfe.de/aktuell/Termine/ abgerufen werden.

Die am 13. Dezember 1990 gegründete Aidshilfe hat heute neben dem gerade neu gewählten vierköpfigen Vorstandsteam 22 Mitglieder und drei hauptamtliche Mitarbeiter, darunter Joachim Bahr, der die Einrichtung damals mit ins Leben gerufen hat und für Organisation, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Mit ihm haben wir ein kurzes Gespräch geführt.

Joachim, wie können wir uns die Situation damals am 13. Dezember 1990 in Chemnitz vorstellen?
Wir – das heißt 12, 13 Leute aus der Homosexuellen-Gruppe – hatten Ende November den Film „Buddies“ gezeigt, in dem es um die Annäherung zwischen einem jungen Aidskranken und seinem „Buddy“, seinem ehrenamtlichen Betreuer geht. Der Film hat uns alle sehr berührt und uns klar gemacht, dass wir die Initiative ergreifen und HIV/Aids etwas Eigenes entgegensetzen müssen. Engagement zu dem Thema war ja in der Zeit praktisch nur unter dem Dach der Kirche möglich. Zwei Wochen später hatten wir dann genügend Unterstützer – z.B. auch aus der Stadtmission – zusammen, um den Verein gründen zu können. Die ersten Kondome und Infobroschüren haben wir von der AIDS-Hilfe Düsseldorf bekommen; Düsseldorf ist die Partnerstadt von Chemnitz.

Was hat die letzten 20 Jahre aus deiner Sicht besonders geprägt?
Wirkliche Meilensteine hat es in so einer kleinen Aidshilfe in einer relativ provinziellen Region eigentlich nicht gegeben. Die Arbeit ist immer gut und stabil gelaufen, die Prävention ist ausgebaut worden, wir sind anerkannt und als Einrichtung zum Glück nicht so krisengeschüttelt. Wir haben jetzt auch ein Domizil gefunden, in dem unsere Angebote gut untergebracht sind. Was uns besonders freut, ist, dass wir die Ausstellung zum Konrad-Lutz-Preis hierher holen konnten, denn der Bereich Aids und Kunst ist hier eher unterbelichtet.

Welche besonderen Herausforderungen siehst du heute für Eure Arbeit vor Ort?
Gerade in Chemnitz hat Aids kein Gesicht. Die Leute sagen: „Ich sehe hier doch niemanden, also wird’s schon nicht so schlimm sein.“ Auch bei vielen Jugendlichen ist das Thema nicht im Bewusstsein verankert, und eine engagierte schwule Community existiert in dem Sinn eigentlich nicht. Es gibt also einiges zu tun.

Letzte Frage: Was wünschst du dir für die nächsten 20 Jahre?
Von mir aus kann es gerne kürzer sein! Ich wäre der erste, der den Hausschlüssel in die Chemnitz wirft, wenn es ein Heilmittel geben würde. Aber es ist leider nicht so, die Arbeit muss weitergehen. Unser Ziel ist nach wie vor, dass Betroffene mehr Akzeptanz erfahren und wir die immer noch bestehenden Ängste bei Leuten, die schlicht nicht informiert sind, abbauen können. Und ich wünsche mir, dass wir noch mehr junge Menschen für ehrenamtliches Engagement gewinnen können. Wir sind schon auf einem guten Weg, aber wir müssen noch mehr Raum schaffen, damit die Jungen ihre Kreativität einbringen können und nicht nur am Info-Stand stehen.